Szene
Küchen als Zukunftslabore

Wie Spitzenköche globale Esskultur und Gastronomie neu definieren

Inspiriert durch den Food Report 2025 von Hanni Rützler
FOTO: Pixabay
Die großen Akteure der Sternegastronomie sehen sich längst nicht mehr nur als Handwerker oder kreative Köpfe am Herd – sie verstehen sich als Treiber eines umfassenden Wandels. Ihr Einfluss reicht weit über die gehobene Küche hinaus und erstreckt sich auf gesellschaftliche, gesundheitliche, soziale und ökologische Bereiche. Was zunächst in den Gourmetküchen entwickelt wird, findet nach und nach auch Eingang in die breitere Gastronomielandschaft.
Von der Gourmetküche zur Alltagsgastronomie: Impulse mit Wirkung
Innovationen aus der Spitzengastronomie gelten häufig als elitär, doch ihre Auswirkungen sind weitreichend. Sie setzen Trends, die von Gastronomen jenseits der Haute Cuisine aufgegriffen werden, um neue kulinarische Konzepte zu entwickeln. Die Spitzenköchinnen und -köche übernehmen dabei eine Art Pionierrolle: Sie experimentieren mit Techniken und Zutaten, die später auch in der breiten Gastronomie Anwendung finden.
„Visionäre Köche ebnen den Weg für widerstandsfähige und genussvolle Konzepte in allen Bereichen der Gastronomie“, erklärt Hanni Rützler, die in ihrem aktuellen Food Report 2025 die wichtigsten Entwicklungen und Strömungen der Branche analysiert.
Drei zentrale Pfeiler der Zukunftsgastronomie
Auf Grundlage von Experteninterviews und einem systemischen Ansatz zur Trendanalyse hat Rützler drei wesentliche Thesen zur Zukunft der Gastronomie formuliert:
1. Nachhaltigkeit und Ethik als Fundament
Gäste erwarten heute mehr als gutes Essen – sie verlangen Transparenz und Verantwortung. Nachhaltige Beschaffung, fairer Umgang mit Ressourcen und der Schutz des Tierwohls sind zentrale Erwartungen, die Gastronomen erfüllen müssen. Lieferketten werden hinterfragt, und Küchen setzen verstärkt auf regionale, saisonale Produkte, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren.
2. Innovationsdruck und Digitalisierung
Die steigenden Anforderungen an Wirtschaftlichkeit und Effizienz treiben die Gastronomie dazu an, neue Technologien zu integrieren. Künstliche Intelligenz, automatisierte Küchengeräte und digitale Lösungen im Gästemanagement gehören längst zum Alltag. Die Herausforderung besteht darin, trotz technischer Hilfsmittel den Fokus auf das kulinarische Erlebnis zu bewahren.
3. Rückbesinnung auf Traditionen
Ein spannender Trend ist die Renaissance alter Techniken und Rezepte. Fermentieren, Räuchern und Einmachen erleben ein Comeback, allerdings mit modernen Akzenten. Diese Verbindung von Tradition und Innovation führt zu einer einzigartigen Küchenstilistik, die sowohl Authentizität als auch Kreativität vereint.
Ein Blick in die Zukunft
Die Gastronomie entwickelt sich zu einem dynamischen Feld, das weit mehr umfasst als die Zubereitung von Speisen. Spitzenköche agieren als Vordenker, deren Konzepte und Philosophien die gesamte Branche inspirieren. Ihre Innovationskraft und ihr Engagement für Nachhaltigkeit setzen Maßstäbe, die den Gästen von morgen nicht nur Geschmackserlebnisse, sondern auch ein gutes Gewissen bieten. Das „Zeitalter der Chefs“ steht damit für eine Gastronomie, die nicht nur kulinarisch, sondern auch gesellschaftlich und ökologisch Verantwortung übernimmt – eine echte Transformation, die Genuss und Ethik vereint.
red / pj

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Unser Faschingsbeitrag

Köstliche Erinnerungen seit 1985

„Es war einmal im fernen Jahre...“
Al dente
Daß es in unserer Welt auch so etwas gibt, haben Sie sicherlich noch nicht gewußt: eine Normung – ein Gesetz gewissermaßen – für den Spaghetti-Qualitätsbegriff „al dente“. – Wir wissen nun, daß die Nudel „mit allen Zähnen“ gekaut werden muß, um feststellen zu können, ob sie „al dente“ ist oder nicht. – Was uns noch fehlt, ist eine klare, eindeutige Übersetzung ins Deutsche: „Zum Zahn“?
SZ / 3.8.1985
Al dente
Außer allerlei Gerätschaften hat die Internationale Organisation für Standardisierung (ISO) in Genf nun auch weltweit geltende Normen für Spaghetti und andere Nudelwaren festgelegt. Laut ISO kann der professionelle Tester jetzt erkennen, ob die ihm vorliegende Pasta weicher oder harter Natur sei.Die neue Nudel-Norm war nach Ansicht der 90 Mitgliedsländer umfassenden ISO notwendig geworden, „um die mit instrumentellen oder praktischen Methoden erzielten sensorischen Analyseergebnisse zu überprüfen.“
Der Spaghetti-Standard legt fest, wie die Oberflächenstruktur der einzelnen Nudel mit bloßem Auge zu erkennen ist. Außerdem kann al dente, so „der Widerstand beim Beißen zwischen Zähnen und Gaumen“, weltweit einheitlich bestimmt werden. Im Detail wird beschrieben, wie die ausgewählten Testnudeln zubereitet und gekocht werden sollen. Das Teigwarengericht muß nach Vorschrift von sechs ausgebildeten Testern dem Munde zugeführt „und mit allen Zähnen zerkaut werden“.
Die Note eins erhalten sehr zarte, die Note neun sehr widerstandsfähige Spaghetti.
Reuters / 1985