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Dankbar für diese Chance

Die Patientin Edith Wolf über ihre Erfahrung mit einem neuen Medikament
Ihre erste Frage war: „Bin ich jetzt ein Versuchskaninchen?“ Edith Wolf scheut sich nicht, die Dinge beim Namen zu nennen, auch wenn sie sich selbst als schüchtern bezeichnet. Die ehemalige Handarbeitslehrerin ist 78 Jahre alt und seit 2018 im Brustkrebszentrum Brixen in Behandlung. Seit März wird sie zusätzlich zur Hormontherapie mit einem Medikament behandelt, das ein bestimmtes Enzym blockiert und das eigentlich in Italien noch nicht auf dem Markt ist.
Wie geht es Ihnen Frau Wolf?
Edith Wolf: Es geht mir nicht schlecht und es geht mir auch nicht ganz gut. Aber es geht. Ich bin zufrieden.
Sie sind 2018 an Brustkrebs erkrankt…
Edith Wolf: Genau. Ich bin an der linken Brust operiert worden und habe Bestrahlungen erhalten. Dann wurden auch Metastasen in der Lunge festgestellt und ich habe zunächst neben der Hormontherapie noch eine Antikörpertherapie erhalten. Aber die habe ich nicht vertragen. Und so habe ich eine Zeitlang nur die Hormonspritzen bekommen. Bis mich Dr. Fauster zu einem Termin gebeten hat.
Um Ihnen den Vorschlag zu machen, mit einem Medikament behandelt zu werden, das in Italien noch nicht offiziell auf dem Markt ist?
Edith Wolf: Genau. Meine erste Frage war, ob ich jetzt ein Versuchskaninchen sei. Aber Dr. Fauster hat mir alles erklärt. Auch wie das Medikament funktioniert und welche Vorteile ich davon hätte.
Waren Sie allein bei dem Gespräch?
Edith Wolf: Nein, mein Mann begleitet mich immer.
Sie haben auch mit ihm besprochen, ob Sie das Therapie-Angebot annehmen möchten oder nicht?
Edith Wolf: Genau. Ich habe mich damit abgefunden, dass ich nicht mehr ganz gesund werde. Und ich bin dankbar, dass ich jetzt diese Chance bekommen habe. Ich nehme das Medikament jetzt seit acht Wochen und es geht mir inzwischen besser.
Sie hatten Nebenwirkungen in der ersten Zeit?
Edith Wolf: Ja. Ich hatte Klüfte an den Fingerspitzen, Aften im Mund und einen bitteren Speichel. Die Hände sind jetzt ganz geheilt. Es geht alles viel besser jetzt. Ich bin zufrieden. Nur Appetit habe ich noch nicht und ich habe auch etwas abgenommen.
Aber sie sind guter Dinge? Wie verbringen Sie den Tag?
Edith Wolf: Ich bin nicht deprimiert, wenn Sie das meinen. Es geht gut und im Brustkrebszentrum in Brixen fühle ich mich sehr wohl, ich gehe gerne dorthin. Was ich so mache? Am Morgen habe ich im Haus zu tun. Ich habe eine große Wohnung. Am Nachmittag raste ich eine Stunde und dann gehe ich gern spazieren mit meinem Mann. Oder ich bin auf der Terrasse, ich habe große Freude an Blumen und wir haben viele schöne Pflanzen, oder ich bastle. Basteln ist meine Leidenschaft.
Das war auch ihr Beruf?
Edith Wolf: Ja, ich habe Technik unterreichtet. Aber eigentlich war ich Handarbeitslehrerin. Ich bin als ich jung war extra nach Padua gegangen, um das zu studieren; 17 Jahre alt war ich und die einzige Deutsche im Heim. Aber ich war glücklich. Am Schönsten war meine erste Arbeitsstelle, das war 1963 in Meran, bei den Englischen Fräulein. Da hatte ich eine Klasse mit Bergkindern aus Halfling, Algund und so. Eine Klasse mit 34 Kindern. Da haben wir gebastelt und gestrickt… Das war eine Freude.
Haben Sie Kinder?
Edith Wolf: Mein Mann war Witwer und sein Sohn war elf als wir heirateten, er hatte seine Mutter mit sieben verloren. Er hat jetzt eine siebenjährige Tochter, Elena, meine Enkelin. Sie kommt oft. Früher habe ich auch gern und gut gekocht. Jetzt hat das etwas nachgelassen.
Stört es Sie, dass Sie jetzt über Ihre Krankheit so bekannt geworden sind? Im Fernsehen war ja auch ein Bericht über Sie.
Edith Wolf: Nein, stören tut mich das nicht. Ich habe nie ein Geheimnis aus meiner Erkrankung gemacht, gehe ganz offen damit um. Und vielleicht kann es ja anderen helfen.

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Was mich interessiert und was ich kann, das mache ich!

Dr. Sonia Prader, Onko-Gynäkologin, Chirurgin und Primarin
Sie ist eine Macherin. Der Ausdruck „gibt's nicht“ existiert nicht in ihrem Vokabular und je schwieriger sich etwas anlässt, desto motivierter ist sie. Aber sie ist nicht verbissen, sondern strahlt Positives aus. Von sich selbst sagt sie: „Ich bin stur, dass es nur so kracht“. Sie ist zielstrebig, konsequent, kompetent und kann motivieren. Dr. Sonia Prader, Primarin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe am Krankenhaus Brixen und Direktorin des Brustkrebszentrums Brixen, das zusammen mit dem Brustkrebszentrum in Meran, das Primar Herbert Heidegger leitet, vor 15 Jahren gegründet worden ist.
Im Januar 2020 hat Dr. Prader ihre Stelle angetreten, vorher war sie sieben Jahre am gyn-onkologischen Exzellenzzentrum in Essen als Oberärztin tätig. Als Primarin ist sie in der Gynäkologie eine Rarität, auch wenn in den letzten Jahren hauptsächlich weiblicher Nachwuchs die Universitäten verlässt. Ihre Abteilung in Brixen ist ein fast rein weibliches Team, ihr Stellvertreter, Dr. Peter Baumgartner, ist der einzige Mann, einige männliche Kollegen sind als Freiberufler auf der Abteilung tätig. Ein Problem hat Dr. Prader damit nicht. Ein weibliches Team oder ein gemischtes Team zu führen, das ist kein Problem. Schade findet sie aber, dass manchmal die männliche Denkweise fehle, ein gemischtes Team sei ausgeglichener. Abgesehen davon, dass manche Patientinnen Frauen vorziehen als Arzt, andere hingegen Männer.
Grundsätzlich sei die Südtiroler Gesellschaft und viele Frauen noch eher in alten Denkstrukturen gefangen. Sichtbar werde das in einem „Sich nichts zutrauen“ und in der Schwierigkeit, mit Kritik umzugehen. „Ich motiviere meine Mitarbeiterinnen immer. Du schaffst das, Fehler gehören zum Lernen dazu, aber wenn Dich etwas interessiert bleib dran und dann klappt es auch. Ich stehe hinter Dir!“, sagt sie ihnen. Dr. Sonia Prader weiß, wovon sie spricht. Sie hat sich durchgesetzt, ist dem gefolgt, was sie interessiert hat. Und heute ist sie glücklich, den schönsten Beruf der Welt auszuüben und genau das zu machen, worauf sie Lust hat. Am OP-Tisch zu stehen, zum Beispiel. Menschen zu motivieren. Patientinnen zu helfen.
Zugefallen ist ihr das nicht. „Ich komme aus einer ganz einfachen Arbeiterfamilie, meine Eltern stammten vom Bauernhof, haben immer hart gearbeitet. Bücher gab es wenige bei uns zuhause.“ Eine Ausnahme war ein Buch ihrer Mutter, Vorbereitung auf die eheliche Partnerschaft, das sie schon als kleines Mädchen immer wieder - versteckt, denn es war verboten - angeschaut hat. „Ich war von klein auf neugierig auf den Körper, war davon fasziniert. Wie er aussieht, wie er funktioniert. Habe Innereien von Fischen und Hühnern im Kühlschrank aufbewahrt und untersucht…“ Was sie mitbekommen hat, sind zwei geschickte Hände. „Und dass man hart arbeiten muss, um etwas zu erreichen. Ich habe schon immer über Herausforderungen funktioniert.“ In der Handelsschule wurde sie fast ausgelacht, als sie sagte, sie wolle Medizin studieren. Geschafft hat sie das Studium in Rekordzeit. „Ich habe um Studienzeitverkürzung angesucht, nach fünfeinhalb Jahren war ich fertig.“ Wenn etwas sie interessiert, kennt sie keine Grenzen. Und dieses Credo vermittelt sie gerne weiter.
Hat sie Probleme mit ihrem Frausein in einer Führungsstelle? „Für mich ist das der Normalzustand", meint sie. Auch wenn die gynäkologische Onkologie und insbesondere die Ovar-Chirurgie heute noch weitgehend Männerdomäne seien und in der Medizin insgesamt patriarchale Denkmuster vorherrschten. „Die kriegt das nicht hin, habe ich schon oft gehört, aber ich tue es und das Ergebnis überzeugt. Ich denke nicht in feministischen Kategorien, das ist nicht mein Kampf. Wobei die Forderung der Gleichstellung in Beruf und Gesellschaft wichtig ist und wir leider vom Ziel noch weit entfernt sind. Ich unterstütze diese Sicht in voller Überzeugung, durch mein Handeln, durch das, was ich lebe. Mein Denken ist: Kann ich das? Will ich das? Und dann tue ich es.“
Sie habe grundsätzlich keine Zweitteilung Mann – Frau im Kopf, die nebenbei ja auch schon veraltet sei. „Jeder hat doch seine Schwierigkeiten, jeder kämpft um Anerkennung. Ein italienischsprachiger Arzt hat es in Südtirol auch nicht leicht. Gar nicht. Ebenso wenig ein homosexueller Mann… Jeder findet eine Rechtfertigung, warum er besonders kämpft.“ Bei einem Arzt sei es nicht wichtig, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handle. „Hauptsache kompetent, freundlich, einfühlsam.“
Die gynäkologische Onkologie ist eine Männerdomäne, bei vielen Webinars ist sie nur eine von wenigen Frauen, aber Dr. Sonia Prader achtet gar nicht darauf. „Anerkennung kommt über die Sache, nicht weil ich Frau oder obwohl ich Frau bin.“
Generell ist sie eine Grenzüberschreiterin, in ihrem Krankenhaus, wenn sie in Bozen operiert und ihr Primarkollege Dr. Martin Steinkasserer ihr assistiert. Oder eben umgekehrt. „Wir müssen immer vernetzter denken und handeln. In Südtirol ist das einfach, Südtirol ist klein. Was ich nicht kann, machst Du und umgekehrt. Sich austauschen ist so gewinnbringend. Medizin ist keine exakte Wissenschaft, das ist ein kreativer Prozess, der sich immer weiterentwickelt. Sehen wie andere arbeiten, eigene Schwächen zugeben, seine Stärken einbringen.“ Zum Vorteil der Patientinnen.
Das Brustgesundheitszentrum Brixen, das sie nun seit Januar 2020 in Brixen leitet, wurde zusammen mit Meran gegründet und arbeitet auch eng mit den Partnerstrukturen in Bozen und Bruneck zusammen.
Kennzeichen dieser Zentren ist, dass die tägliche Behandlungspraxis zertifiziert ist und höchsten, internationalen Qualitätsstandards entspricht.
„Wir haben inzwischen auch Patientinnen von anderen Bezirken bei uns und umgekehrt natürlich auch.“ Wir betreuen auch Patientinnen aus der Schweiz, aus Oberitalien. Innerhalb Europas besteht freie Arztwahl. „Die Patientinnen sind inzwischen sehr informiert. Sie wissen genau, was sie wollen und suchen gezielt.“ Zum Teil seien es ganz verschlungene Wege die Patientinnen bewegten, über die Gebietsgrenzen hinauszugehen. Zuweisungen vom behandelnden Arzt in Südtirol oder von Kollegen aus dem wissenschaftlichen Netzwerk. Mundpropaganda von Patientin zu Patientin, Bekanntenkreis…“Für mich jedenfalls“, betont Primarin Prader, „ist eine Zweitmeinung immer sehr wichtig! Für mich ist das Netzwerk wichtig, sehen was andere machen. Daraus lernen.“Seit Jahresbeginn wurden in Brixen bereits fünfzig Brusteingriffe und 25 gynäko-onkologische Operationen abgewickelt (Stand Anfang Juni 2021). „Damit liegt unser Zentrum im stetig steigenden Trend und die Zahlen werden weiter steigen; wir sind ein hoch motiviertes Team mit viel Erfahrung und Herzblut für unsere Patientinnen. Mittlerweile sind es im Schnitt hundert Brust-Operationen im Jahr. Gestartet sind wir vor 15 Jahren mit vierzig Brusteingriffen pro Jahr.
Durch Covid hat die Zahl der Operationen nicht abgenommen. „Wir haben alle onkologischen Fälle operiert,“ unterstreicht Dr. Prader. Wie auch die anderen Brustzentren in Südtirol. Die häufigsten gyn-onkologischen Eingriffe betreffen die Brust, gefolgt vom Endometrium (Gebärmutterschleimhaut), von Eierstock, Gebärmutterhals und Vulva.
Bleibt bei alldem, Primariat, Operationstätigkeit, regelmäßige Teilnahme an Kongressen (mittlerweile Webinars) noch Zeit für ein Privatleben? Dr. Sonia Prader lacht. „Ich habe genug Zeit für mein Privatleben und ich genieße es sehr. Ausstellungen, Konzerte, Abendessen, Treffen mit Freunden aus Südtirol und mit Freunden aus meiner Zeit in Essen. Keine Mails im Urlaub lesen. Die soziale Kompetenz, soziale Kontakte sind bei unserer Arbeit und überhaupt sehr wichtig. Das hilft, am Boden zu bleiben…sonst kann der Fall sehr tief sein!“
Dr. Sonia Prader