Aktuell

„Im Zentrum aller Bemühungen
steht immer der Patient“

Der Chirurg Dr. Josef Widmann ist seit einem Jahr Sanitätsdirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs
Fotos: Othmar Seehauser
Ein großer, sehr großer Mann, mit großen, feingliedrigen Händen. Über dreißig Jahre haben sie Tag für Tag das Skalpell gehalten, seit September 2021 ziehen sie die Fäden des Südtiroler Sanitätsbetriebs. Dr. Josef Widmann, elf Jahre Primar der Chirurgie am Krankenhaus Brixen, spezialisiert auf Eingriffe im Gastro- intestinalen Bereich, ein Pionier im Bereich der mini-invasiven Chirurgie und 2019 Empfänger des 1. Preises J. Nicholls im Rahmen des 8. Kongresses der italienischen Gesellschaft für Kolo-Rektale Chirurgie (SICCR).
Dr. Widmann hat die Sanitäts­direktion zu einem sehr kritischen Zeitpunkt übernommen. Die Endphase der Covid-Pandemie, steigende Kosten, Mangel an Pflegepersonal. In seinem Büro hängt an der Garderobe immer noch sein weißer Arzt-Kittel. Seine Stimme ist warm, er spricht bedacht, stellt sich ganz auf sein Gegenüber ein.
Vom OP-Tisch in die Verwaltung. Das ist ein nicht ganz einfacher Wechsel, oder?
Dr. Josef Widmann: Das Wort Wechsel wird dem Ganzen nicht unbedingt gerecht. Die Arbeit eines Sanitätsdirektors nimmt wesentlich Einfluss auf alles, was im Krankenhaus passiert. Natürlich, was mir fehlt, immer noch sehr fehlt, ist der direkte Kontakt zu den Patienten. Aber ich bin im Augenblick noch so eingedeckt mit Arbeit, dass ich gar nicht dazu komme, daran zu denken. Ich hoffe, ich kann hier einen Beitrag leisten, der den Patienten ebenso zugute kommt wie den Mitarbeitern; anstelle von Skalpell und Operationen befasse ich mich nun mit Organisation.
Sie waren und sind ein Netzwerker…
Dr. Josef Widmann: Das stimmt. Auch als Chefarzt war mein Hauptaugenmerk die geballte Kraft an Brainpower und an Manpower zu koordinieren und zu vereinen für mehr Wirksamkeit und Effizienz. Ich liebe es, Menschen zu begeistern und fähige Menschen mit spezifischen Kompetenzen zusammenzubringen. Ob es sich nun um Behandlungs-Strategien oder um Einhaltung von Standards und Organisation handelt: im Zentrum aller Bemühungen steht immer der Patient.
Stichwort Krankenhäuser. Sieben Krankenhäuser in einer so kleinen Provinz wie Südtirol. Das wird oft kritisiert.
Dr. Josef Widmann: In unserem geographisch so heterogenen Land ist dies eine ganz wichtige Tatsache! In den 2,5 Jahren Covid haben diese Krankenhäuser einen immens wichtigen Dienst geleistet. Wir müssen Abschied nehmen von dem Konzept, alles konzentrieren zu wollen. Sieben Krankenhäuser sind ein außerordentlicher Wert, aber man muss natürlich auch den Veränderungen Rechnung tragen. Die Medizin von heute ist nicht mehr jene von vor 40 Jahren, die Entwicklung schreitet rasant voran und führt zu vielen innovativen Veränderungen und Verbesserungen in vielen Bereichen. Die Krankenhäuser müssen dem folgen, um mit diesen Entwicklungen unter organisatorisch-funktionellen Aspekten Schritt halten zu können. Wo es möglich ist, gilt es eine Wohnort nahe Versorgung zu garantieren, aber man kann nicht überall alles garantieren und anbieten. Auch oder vor allem im Interesse der Patienten gilt es Leistungen zu verorten und Patientenflüsse zu garantieren. Und da sind dann eben kleine Reisen im Land notwendig, um hochwertige Leistungen in Anspruch zu nehmen.
Die onkologische Behandlung ist in den letzten zehn Jahren revolutioniert worden. Es gibt heute Behandlungserfolge, die noch vor kurzem als undenkbar galten. Aber die neuen effizienten Therapien sind mit gewaltigen Kosten verbunden.
Dr. Josef Widmann: Kosten. Natürlich müssen Kosten berücksichtigt werden, unter Kontrolle gehalten werden. Für uns ist aber immer die erste Frage: Was nützt den Patienten? Es ist eine Tatsache, dass die neuen Therapien Leben verlängern. Aber abgesehen davon, dass die Kosten der neuen Medikamente nach Auslauf des Patents sinken, weil es mehr Anbieter gibt, werden extrem kostenintensive Behandlungen ja meist nicht über sehr viele Jahre fortgeführt.
Die Medizin wird immer komplexer, wie steht Südtirol ihrer Ansicht nach in einem nationalen und internationalen Kontext da?
Dr. Josef Widmann: Südtirol liegt im Zentrum Europas, ist nicht isoliert, unsere Strukturen sind vernetzt mit der ganzen Welt. Über unsere externen Partner können wir nie da gewesene Möglichkeiten anbieten. Die Medizin ist zwar einerseits wie Sie sagen immer komplexer, aber im Rahmen der Medizin ist die Welt ein Dorf geworden. Die Einholung von Zweitmeinungen, der Austausch von Informationen, Patienten- und auch Personalmobilität gehören heute zum klinischen Alltag. Wir sind hier in einer sehr guten Position. Nicht zuletzt auch, weil wir davon profitieren, an einer Schnittstelle zu liegen. Wir haben enge Kontakte zu den Fachbereichen im deutschsprachigen und im mediterranen Raum. Sind sozusagen gezwungen, uns mit beiden „Kulturbereichen“ auseinanderzusetzen und können Fachmeinungen zusammenführen. Daraus entsteht eine sehr breit gefächerte Diskussion zum Vorteil für unsere Patienten. Das Beste von Nord und Süd.
Apropos Personal: Der Nachwuchs ist ein großes Problem?
Dr. Josef Widmann: Im ärztlichen Bereich sind wir inzwischen dank verschiedener Initiativen der letzten Jahre relativ gut aufgestellt. Wir haben Ausbildungsgarantien an ausländischen Universitäten, wir können in Zukunft auf viele Jungfachärzte zurückgreifen und im Rahmen der Errichtung einer medizinischen Fakultät hier in Bozen werden wir an Attraktivität gewinnen! Dank der Kooperation mit Mayo-Kliniken in den USA und mit der Charité in Berlin eröffnen sich attraktive Möglichkeiten für unseren Nachwuchs in Form von Studienaufenthalten. Was die Ärzte anbelangt, möchte ich mich nicht beklagen. Unser Sorgenkind ist hingegen der Nachwuchs in den Pflegeberufen. Der Mangel an gut ausgebildeten Kräften wirkt sich konkret aus, nicht nur auf die Patienten, vor allem auch auf die Mitarbeiter. Abgesehen von den Engpässen im Rahmen der Corona-Pandemie.
Patienten und Patientenorganisationen beklagen sich immer wieder über die zu langen Wartezeiten.
Dr. Josef Widmann: Mit Einführung des einheitlichen Vormerksystems sind wir da sicher schon ein Stück weitergekommen. Wartezeiten sind nebenbei kein rein lokales, sondern ein überall gefühltes Problem. Die Gründe sind vielfältig. Angebot und Nachfrage sollten sich in der Mitte treffen. Das Angebot ist aber oft begrenzt durch strukturelle und personelle Faktoren, die so schnell nicht behebbar sind. Ein komplexes Thema, das nicht in wenigen Minuten abgehandelt werden kann. Die ständig wachsende Zahl an Untersuchungen und diagnostischen Verfahren ist mit Sicherheit eine gewaltige Herausforderung, an deren Lösung der Betrieb mit ganzer Kraft arbeitet. Allerdings kommt man auch nicht umhin, sich die Frage der Angemessenheit der geforderten Leistungen zu stellen. In dieser Problematik sind private Anbieter, private Fachärzte und Kliniken natürlich wichtige Partner, unser primäres Ziel ist es aber, möglichst viele der medizinischen Leistungen angemessen über das öffentliche Gesundheitssystem anbieten zu können.
In Südtirol gibt es neben der Krebshilfe mit ihren knapp 10.000 Mitgliedern auch zahlreiche andere Patientenvereinigungen. Wie stehen Sie zu diesen?
Dr. Josef Widmann: Patientenvereinigungen sind für uns ein sehr wichtiger und sehr ernst zu nehmender Partner. Die Konfrontation mit ihnen ermöglicht uns einen direkten Einblick in die effektiven Sorgen und Nöte der Patienten und auch in die Probleme des Systems zu bekommen, auf die der Betrieb entsprechend reagieren kann. Hinzu kommt die wertvolle Arbeit der Freiwilligen im direkten Kontakt mit den Patienten, hierbei denke ich natürlich an die Krebshilfe, ihre zahlreichen Angeboten und Aktivitäten, die kapillare Verteilung im ganzen Land, die so wichtig ist und die ein Sanitätsbetrieb gar nicht leisten kann.
Dr. Josef Widmann privat?
Dr. Josef Widmann: Ich bin in Bozen geboren und habe einen großen Teil meiner Kindheit in Welschnofen verbracht, wo noch immer mein Rückzugsort ist. Eine Ehefrau, die mich unterstützt – zusammen sind wir Eltern von zwei erwachsenen Kindern, die im Ausland leben und arbeiten. Eine besondere Freude sind unsere zwei kleinen Enkelkinder.
Ihre Hobbies?
Dr. Josef Widmann: Sport. Früher habe ich aktiv beim SSV Handball in Bozen mitgespielt. Ich liebe die Natur, mit dem Rennrad oder den Tourenski unterwegs zu sein. Und dann ist da noch die Musik. Ich spiele im Duett mit meinem Arztkollegen Dr. Arnold Kaufmann den Kontrabass, die Gitarre und manchmal singe ich auch - am liebsten Sixties und Seventies. Seit einem Jahr, seit ich an diesem Schreibtisch sitze, habe ich all das alles allerdings sehr einschränken müssen. Ich hoffe nur vorübergehend…

Aktuell

Der Zen-Chirurg

Dr. Michele Ciola, spezialisiert auf Pankreas-Chirurgie – Die Beziehung zum Patienten
Fotos: Othmar Seehauser
Er ist einfach nett. Ein warmes, offenes Lächeln. Bei der Begegnung mit neuen Patienten zieht Dr. Michele Ciola als erstes kurz die Maske vom Gesicht. Und er selbst möchte auch kurz das ganze Gesicht sehen. Dann spricht es sich besser. Dann kann eine auf Vertrauen basierende Beziehung aufgebaut werden. Zum Medizinstudium kam er, weil er etwas machen wollte, „was immer und überall nützlich ist“. Zur Chirurgie haben ihn Vorbilder entlang seines Weges gebracht. Dr. Michele Ciola ist ein auf Pankreaseingriffe spezialisierter Chirurg am Krankenhaus Bozen.
Vertrauen, Beziehung. Sie verwenden diese Begriffe sehr häufig…
Dr. Michele Ciola: Das Wichtigste bei unserer Arbeit ist, eine Beziehung zu den Patienten aufzubauen, egal ob es sich um eine medizinische oder eine chirurgische Behandlung handelt. Jeder Mensch mit einer Krankheit hat das Recht auf die bestmögliche Behandlung. Rundum.
Es gibt Vorurteile gegenüber Chirurgen. Sie seien kalt, zu technisch.
Dr. Michele Ciola: Für unsere Tätigkeit brauchen wir natürlich sehr spezifische technische Kenntnisse. Aber mit der Zeit kommt anderes dazu, mehr. Ebenso Wichtiges. Der Schwerpunkt verlagert sich. Die Technik lernt man, das andere ist Erfahrung.
Wie man Vertrauen aufbaut?
Dr. Michele Ciola: Genau. Vertrauen ist die Basis. Ich füge den Patienten schließlich Schmerz zu. Ohne Vertrauen geht das nicht.
Ein Prozess, der bei der ersten Visite beginnt?
Dr. Michele Ciola: Bei geplanten Visiten kläre ich am Vortag alles ab. Mache meine Hausaufgaben. Ich kontaktiere den Radiologen, den Pathologen, sammle alle notwendigen Daten und Informationen. Nur so kann ich mich bei der Besprechung ganz auf mein Gegenüber konzentrieren. Muss nicht während der Visite im Computer herumsuchen. Es entsteht kein peinliches, belastendes Schweigen. Wenn ich den Patienten sehe, habe ich schon einen Plan. Das vermittelt Sicherheit.
Sie beziehen die Familie mit ein?
Dr. Michele Ciola: Schon meine Professoren an der Uni sagten: Der Mensch braucht die Familie. Schließlich müssen schwere Entscheidungen getroffen werden. Zusammen. Soll ich alles versuchen oder nur das, was erfolgversprechend ist? Das muss geklärt und respektiert werden.
Zen-Chirurgie: Höchste Konzentration und Ruhe
Bei einem Patienten mit einem Pankreas-Tumor ist eine absolute Heilung nicht zu erwarten…
Dr. Michele Ciola: Ich spreche nie von Heilung mit meinen Patienten, ich spreche von Behandlung. Es gilt, die Erwartungen auf eine andere Ebene zu stellen. Operationen können gut ausgehen oder nicht. Dagegen muss ich mich abschotten können, ohne deshalb innere Mauern zu errichten. Wenn ein Patient nach zwei Jahren zur Nachsorge kommt und berichtet, dass er ein angenehmes Leben führen kann, ist das ein großer Erfolg. Für beide. Mein Ziel ist Leben verlängern, mit Würde und Lebensqualität! Nicht um jeden Preis.
Der Tod ist im Allgemeinen für einen Chirurgen eine konstante Präsenz und für ihr Fach im Besonderen.
Dr. Michele Ciola: Das stimmt, und wir Menschen müssen lernen, von Neuem lernen, mit dem Tod umzugehen. Er ist Teil des Lebens.
Wie gehen sie an den OP-Tisch?
Dr. Michele Ciola: Es kommt darauf an, ob es sich um einen geplanten Pankreas-Eingriff handelt oder um einen chirurgischen Notfall, ich mache ja auch das. Da ist oft Eile geboten. Ein Pankreas-Eingriff erfordert hingegen eine langsame, meditierende Chirurgie. Keinen Stress. Mein erster Primar sprach von Zen-Chirurgie.
Das ist ein hoher Anspruch. Sie machen auf ihr Gegenüber tatsächlich den Eindruck, als ruhten sie ganz in sich.
Dr. Michele Ciola (schmunzelt):
Das kann man lernen.
Wie tritt man den Angehörigen gegenüber, wenn ein Eingriff nicht glückt?
Dr. Michele Ciola: Ein Risiko besteht immer. Auch bei leichten Eingriffen und gerade deshalb ist es so wichtig, im Voraus offen zu sprechen. Auch mit der Familie. Bei onkologischen Patienten ist eine besondere Sensibilität erforderlich. Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse sind mit hohen Komplikationen behaftet. Weltweit ist das so. Eine Komplikation ist kein Misserfolg, kein Fehler, sondern eine Konsequenz. Das gilt es zu vermitteln. Dazu muss man stehen.
Und wenn Fehler passieren?
Dr. Michele Ciola: Fehler sind persönliche Reaktionen. Und um das zu vermeiden, muss ich im Voraus so viel wie möglich planen. Wie bei einer Reise: Flug, Transfer, Tickets, Hotel, Restaurants, Museumseintritte… Je besser ich plane, desto weniger Platz lasse ich dem Zufall. Dem Misserfolg. Und wenn ein Fehler eben doch passiert, dann muss man auch darüber offen reden, das mit den Angehörigen klären, erklären, welche Maßnahmen getroffen worden sind. Offenheit und Transparenz sind erstes Gebot!
Und auch „Humilitas“ - Demut?
Dr. Michele Ciola: Immer! Pankreasoperationen werden bei Tumoren durchgeführt, selten bei neuroendokrinen Läsionen oder Vorkrebsstadien. Es handelt sich um standardisierte, sehr große und sehr langwierige Operationen. Es hängt natürlich auch davon ab, ob die gesamte Bauchspeicheldrüse entfernt wird oder nur der Kopf oder nur der Schwanz. Pankreaskarzinome sind immer bösartig, da muss großräumig entfernt werden. Bei gutartigen Tumoren kann weniger invasiv vorgegangen werden.
Sie operieren in Laparoskopie?
Dr. Michele Ciola: Ja. Ich habe die minimal-invasive Pankreaschirurgie in Südtirol eingeführt. Der Vorteil ist, dass die Schnitte viel kleiner sind. Die Patienten haben weniger Schmerzen, sie erholen sich schneller. Der Chirurg steht noch am OP-Tisch, die Instrumente sind nur länger und er sieht, was er tut am Bildschirm.
Sie haben erst 2021 auch einen Master in Robot-Chirurgie abgelegt.
Dr. Michele Ciola: Da steht der Chirurg nicht mehr am Tisch, er sitzt an einer Konsole mit einem Joystick. Laparoskopische oder Robot-Eingriffe sind toll, aber wenn es zu einer Abweichung kommt, wenn Blutungen auftreten, dann sehe ich gar nichts mehr. Dann muss ich aufmachen. Die klassische Chirurgie ist und bleibt deshalb immer die Basis!
Wie viele Kollegen sind sie auf der Chirurgie am Krankenhaus Bozen?
Dr. Michele Ciola: Wir sind 17 Chirurgen. Tolle Kollegen und auch viele Frauen darunter. Die Chirurgie ist längst keine Männerdomäne mehr. Sechs meiner Kolleginnen haben Kinder! Auf der Abteilung ist ein Generationenwechsel im Gang. Die Notfallchirurgie beherrschen wir alle, dann gibt es spezifische Arbeitsgruppen für die onkologische chirurgische Betreuung: Brust, Schilddrüse, Magen, Dick- und Mastdarm, Leber-Gallenwege und Bauchspeicheldrüse.
Für Pankreastumore gibt es keine ­Vorsorge…
Dr. Michele Ciola: Nein und auch die Prävention ist sehr schwierig. Es gibt keine Marker, keine Breitband-Maßnahmen für eine Früherkennung. Allerdings werden heute Untersuchungen wie CT oder Magnetresonanz immer häufiger durchgeführt und damit steigt auch die Zahl der Zufallsbefunde. Wir nehmen im Augenblick jährlich rund 30 Pankreasresektionen in Bozen vor, Tendenz steigend.
Die Risikofaktoren sind dieselben wie bei anderen Krebsarten?
Dr. Michele Ciola: Der Lebensstil spielt auch hier eine große Rolle. Rauchen, Alkohol, Übergewicht, Bewegungsmangel, aber es gibt auch genetische Faktoren. Außerdem wird die Bevölkerung immer älter und der Pankreaskrebs betrifft im Durchschnitt Menschen über 70, manchmal auch ab 40 aufwärts. Unter 40 ist er äußerst selten.
Symptome?
Dr. Michele Ciola: Meistens wenn es zu spät ist. Unspezifische Symptome wie Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit oder Gewichtsverlust. Bei Symptomen sind die meisten Fälle potentiell nicht mehr behandelbar. Neben der Chirurgie ist die chemotherapische Behandlung sehr wirkungsvoll, vor allem die neoadjuvante Chemotherapie vor dem Eingriff wird immer relevanter, manchmal auch in Kombination mit einer Strahlentherapie. In den letzten zehn Jahren hat sich die Lebenserwartung unserer Patienten verdoppelt. Die gezielte Therapie mit genetischer Immuntherapie ist im Kommen und sehr vielversprechend.
Michele Ciola privat?
Dr. Michele Ciola: Ich bin verheiratet, habe drei Kinder im Alter von 10, 12 und 14. Jahrgang 1974. Die Freizeit eines Chirurgen ist eher knapp bemessen und ich teile sie zum größten Teil mit meiner Familie. Aber ich brauche auch Freiräume. Die Musik zum Beispiel. Ich spiele Schlagzeug in der Grieser Bürgerkapelle. Und da bin ich nicht der Doktor, sondern der Michele, der aufgrund seiner Turnus-Arbeitszeit nicht ganz so zuverlässig ist… Dann natürlich Sport, mittlerweile ein wenig von allem: Joggen, Rennrad, Ski, Eislaufen. Sportvereinsleben. Ja und einmal im Jahr nehme ich mir zwei Wochen Urlaub, um in einem anderen Krankenhaus zu hospitieren. Das ist mir sehr wichtig. Lernen, sich mit Kollegen austauschen.
Dr. Michele Ciola (2. v. re.) mit einigen seiner KollegInnen und dem Primar der Chirurgie Bozen, Dr. Antonio Frena (3. v. li.)
LETZTE MELDUNG
Dr. Luca Tondulli von der Uniklinik Verona ist seit 1. Dezember der neue Primar der Abteilung Onkologie am Krankenhaus Bozen. Er folgt auf Dr. Carlo Carnaghi, Primar von 2018 – 2020.