Thema

Ich bin und ich werde

Pressekonferenz der SKH zum Weltkrebstag am 4. Februar 2019
Die wie immer gut besuchte Pressekonferenz, die von den Medienvertretern auch entsprechend verbreitet wurde, stand unter dem Thema: Ich bin und ich werde. Lässt sich eine Krebserkrankung vermeiden? Wie viele Menschen erkranken in Südtirol an einem Tumor? Und welche neuesten Erkenntnisse gibt es zu den Therapiemöglichkeiten? Das waren die Fragen an die Experten. „Als Südtiroler Krebshilfe ist es uns wichtig, die Bevölkerung kontinuierlich zu sensibilisieren“, eröffnete Ida Schacher, Präsidentin der Südtiroler Krebshilfe die Veranstaltung. „Es geht uns nicht nur darum, die Patienten in ihrem Kampf gegen den Krebs zu unterstützen, wir möchten durch gezielte Information darauf hinarbeiten, dass es erst gar nicht dazu kommt und zur Vorsorge und Früherkennung von Tumorerkrankungen beitragen.“
Dr. Christoph Leitner, leitender Facharzt der Abteilung Onkologie des Krankenhauses Bruneck, stellte den Europäischen Kodex gegen Krebs vor: Mit Hilfe dieser Empfehlungen zur Krebsbekämpfung will die Europäische Kommission über einfache Maßnahmen informieren, die das Risiko für Krebserkrankungen reduzieren können und gleichzeitig jeden Einzelnen zur Verantwortung für sich selbst auffordern. Die zwölf Empfehlungen des Kodexes sind von jedem umsetzbar: Der Verzicht aufs Rauchen, eine Reduzierung bzw. Verzicht auf Alkoholkonsums, das Vermeiden von zu viel Sonnenstrahlung, eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung oder die Teilnahme an den Krebsfrüherkennungs- und Screening-Programmen sind einige der Ratschläge. „Man geht davon aus, dass knapp die Hälfte der krebsbedingten Todesfälle in Europa vermieden werden könnten, wenn alle Ratschläge allgemein befolgt werden würden“, so Christoph Leitner.
Dr. Carlo Carnaghi, Primar der Medizinischen Onkologie am Krankenhaus Bozen, stellte die neuesten Erkenntnisse in der Krebsbehandlung stellte vor. „Man kann im Augenblick tatsächlich von einer Revolution in unserem Fachgebiet sprechen. Es gibt Fortschritte, die vor zwei Jahren noch undenkbar waren“, so Primar Carnaghi. Im Fokus der Forschung stehen vor allem molekularbiologischen Krebstherapien, mit denen gezielt nur Tumorzellen angegriffen werden, sowie eine neue Generation von Pharmaka. „Dabei wird sich auch die Definition von Krebs ändern: Wir werden nicht mehr von Brust-, Prostata- oder Lungenkrebs sprechen, sondern von bestimmten Molekularprofilen“, so Carnaghi. Er verwies zudem auf die Wichtigkeit der fachübergreifenden Zusammenarbeit und des gegenseitigen Austausches im Interesse der Patienten. „Jede Erkrankung ist einzigartig und jeder Patient ist einzigartig. Wir müssen gemeinsam die beste Lösung für sein ganz spezifisches Problem finden: Je enger wir zusammenarbeiten, umso besser gelingt uns dies. Die Onkologie in Südtirol ist dabei auf dem neuesten Stand.“
Dr. Guido Mazzoleni, Primar der Anatomischen Pathologie und Histologie am Krankenhaus Bozen ist Dauergast der Pressekonferenz, wie er zu Beginn scherzend feststellte. Über seinen Schreibtisch gehen alle histologischen Ergebnisse Südtirols. Wie jedes Jahr präsentierte er in seiner Eigenschaft als Direktor die neuesten spezifischen Daten zur Häufigkeit, Neuerkrankungen oder Mortalität, die im Südtiroler Tumorregister gesammelt und analysiert werden.
In Südtirol erkrankten im Bezugszeitraum 2009-2013 2.947 Personen, davon 1.623 Frauen und 1.324 Männer, an Krebs. Bei den Männern ist der Prostatakrebs mit 21,9% die häufigste Krebsart, gefolgt von Kolon-Rektum-Tumor (12,6%), Lungenkrebs (10,5%) und Blasenkrebs (9,7%). Frauen erkranken am häufigsten an Brustkrebs (28,8%), gefolgt von Kolon-Rektum-Krebs (12,2%), Lungenkrebs (6,6%) und bösartigen Melanomen (6,4%). Durchschnittlich versterben 1.189 Südtirolerinnen und Südtiroler aufgrund einer Tumorerkrankung (Bezugszeitraum 2012-2016). „Bei den Männern verringern sich die Krebsneuerkrankungen pro Jahr, bei den Frauen bleiben diese stabil“, so Primar Mazzoleni.
Die Inzidenz (Häufigkeit des Auftretens von Neuerkrankungen) für Melanome und Schilddrüsenkrebs steige bei den Männern, bei den Frauen jene für Lungen- und Schilddrüsenkrebs. Die Anzahl an Neuerkrankungen von Prostatakrebs nehme hingegen leicht ab, ebenso von Darm- und Magenkrebs bei beiden Geschlechtern. Bei den hämatologischen Tumoren bleibe die Inzidenz hingegen weitgehend stabil. Primar Mazzoleni unterstrich, dass ein gesunder Lebensstil und die Teilnahme an den Screening-Programmen wirkungsvolle Mittel sind, um Krebserkrankungen vorzubeugen bzw. diese frühzeitig zu erkennen. „Zirka vier von zehn Tumorerkrankungen könnten vermieden werden. In Südtirol werden drei Screening-Programme angeboten: 25,7% der eingeladenen Südtirolerinnen nahmen 2017 an den Früherkennungsprogrammen für den Gebärmutterhals-Krebs (Pap-Test und HPV-Test) teil, zur Mammografie gingen 58,7%. Diese Zahl rechnet allerdings jene Frauen nicht mit ein, die diese Untersuchungen privat vornehmen lassen. Das Screening gegen Dickdarmkrebs (für Frauen und Männer zwischen 50 und 69) nahmen 42,3% der Eingeladenen in Anspruch.

Der Kommentar

Liebe Leserinnen und Leser,

Nicole Dominique Steiner
Auch das Schneechaos hat die Leute nicht davon abhalten können, am 2. Februar zu den Krebsgesprächen nach Bruneck zu kommen. Ein eindeutiges Zeichen wie groß der Bedarf an Aufklärung ist. Krebs geht uns alle an. Betroffene, Verwandte, alle. Information ist besser als Angst. Und offen darüber reden ist besser als das Tabu. Krebs ist vor allem auch eine Alterserkrankung. Wir werden immer älter und deshalb erkranken immer mehr Menschen an Krebs. Aber schon längst ist das kein Todesurteil mehr. Krebs ist eine Krankheit, die man in vielen Fällen heilen kann, vor allem, wenn sie früh erkannt wird. Und wenn man ihn nicht ganz heilen kann, kann er doch zumindest unter Kontrolle gehalten werden als chronische Erkrankung, wie etwa Bluthochdruck oder Diabetes. Wissen spielt bei all dem eine wichtige Rolle. Was ich kenne, macht mir weniger Angst. Angst lähmt, Wissen lässt mich handeln. Jeder von uns ist gefordert, sich zu informieren. Für sich aber auch für die Gesellschaft. Ein verantwortungsvoller Lebensstil kann Krebs entscheidend vorbeugen. Regelmäßige Vorsorge ebenfalls. Früh erkannte Krebserkrankungen haben gute Heilungschancen. Die Forschung hat in den letzten Jahren Riesenfortschritte gemacht und die modernen Therapien sind wirksamer und in den meisten Fällen besser verträglich als die herkömmlichen Chemotherapien. Aber sie sind auch mit enormen Kosten verbunden, die die Möglichkeiten jedes öffentlichen Gesundheitssystems übersteigen. Auch aus diesem Grund sind wir gefordert, jeder von uns, verantwortlich mit uns umzugehen. Fast die Hälfte der Krebserkrankungen könnte nämlich verhindert werden, wenn wir die Regeln des Europäischen Krebscodes respektieren. Das haben auch die Ärzte, die an den Krebsgesprächen teilgenommen, deutlich gesagt. Vor allem das Rauchen und der Alkoholmissbrauch, zu wenig Bewegung, zu viel ungeschützte Sonnenbestrahlung und eine falsche Ernährung sind für viele Krebserkrankungen verantwortlich. Also worauf warten wir? Weniger Alkohol, keine Zigaretten, mit Sonnenschutz Faktor 50 eincremen und hinaus ins Freie!
Mit den letzten Landtagswahlen war auch ein Wechsel im Landesamt für Gesundheit verbunden. Die Chance hat den neuen Landesrat Thomas Widmann, der auf Martha Stocker gefolgt ist, zu seinen Vorstellungen über sein neues Amt interviewt. Ein wichtiges Thema auch hier die Kostenexplosion durch die neuen Krebstherapien. In Südtirol hat jeder Bürger Zugang zu den besten Therapien und das soll auch in Zukunft so bleiben. Wie Landesrat Thomas Widmann das verwirklichen will, können Sie im Interview nachlesen.
Gute Lektüre wünscht Ihnen
Nicole Dominique Steiner