Aktuell
Eine Zeit der Reife
Primarin Sonia Prader, Brixen: Mit dem Team zusammengewachsen
Es mag seltsam klingen, aber rückblickend sagt Dr. Sonia Prader, Primarin der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe am Krankenhaus Brixen, dass Covid unter bestimmten Gesichtspunkten, eine positive Zeit war. Positiv, weil sie mit ihrem Team noch mehr zusammengewachsen sei, weil man vor allem als Arzt und nicht als „Bürokrat“ gefordert war, weil durch einen konstanten Informationsfluss und perfekte Zusammenarbeit alles angemessen organisiert werden konnte, weil kein Mitarbeiter ihrer Abteilung, weder Hebammen, noch Pflegerinnen, noch Ärzte im Krankenhaus infiziert worden seien. „Und wir haben Frauen aus Gröden entbunden, die in Quarantäne waren!“
Am zweiten Januar hat Dr. Prader ihren Dienst in der Abteilung aufgenommen, nur zwei Monate später kam der Lockdown. Zu kurze Zeit, um Routine aufzubauen, aber doch genug, um die Abteilung so weit zu kennen, um sie covid-gerecht und im Team umstrukturieren zu können. „Am Anfang war ich mehrere Tage nur damit beschäftigt, das Team zu beruhigen, über das Wenige, das bekannt war aufzuklären und den Blick auf schrittweises, vorsichtiges Agieren zu fokussieren. Das Personal hatte verständlicherweise Ängste und Unsicherheiten, derer es Herr zu werden galt. Welche Gefahren bestehen für mich und meine Familie, kann ich mich schützen…? Es ging darum, alles von einer emotionalen auf eine rationale Ebene zu bringen. Dann lief es.“
Das größte Problem stellten die onkologischen Patientinnen dar. „Wir mussten je nach Erkrankung und Dringlichkeit die Tumor-Nachsorgetermine um drei bis sechs Monate verschieben. Wir haben uns sofort nach dem Lockdown ans Telefon gesetzt und die Patienten kontaktiert. Im März gingen wir davon aus, dass im Juli längst alles wieder im Lot sein werde…“
Dringende Brustoperationen wurden auch während des Lockdowns durchgeführt (10 – 15) ebenso wie gynäkologische Eingriffe (5-7) in Bozen. „In der ersten Phase haben wir nur dringende Notfälle und Kaiserschnitte durchgeführt. Aber schon nach Ostern hatten wir den onkologischen Betrieb wieder auf Vor-Covid hochgefahren.“ Alle Patientinnen, die chirurgisch versorgt werden mussten, auch Kaiserschnitte, wurden einem Coronavirus-Abstrich unterzogen und anschließend auch einem Antikörpertest. „Nicht für unsere Sicherheit, wir waren schließlich auf das Beste geschützt, sondern im Interesse der Patientinnen und ihres Umfelds und des Krankenhauses“, betont Dr. Sonia Prader.
Persönlich sieht Primarin Prader die Covid-19-Pandemie als Reifezeit. Sich von heute auf morgen auf etwas einzustellen, das so absolut nicht vorhersehbar war, sei eine gute Schule. „Ich habe gelernt, wie ich in einer Krisensituation funktioniere: offensichtlich nach dem Motto, packen wir es an.“
Wenn es etwas gebraucht habe als Eigenschaft, dann vor allem Pragmatismus und die Fähigkeit Unsicherheit zu akzeptieren und schnell Entscheidungen zu treffen. „Auf der anderen Seite gab es täglich aktualisierte Vorgaben und Leitlinien, auf der anderen Seite hieß es, sofort reagieren.“ Zwei Extreme, die die Situation im gesamten Bezirk Eisacktal gekennzeichnet hätten. „Schlussendlich hat sich die enge Zusammenarbeit im Team bewährt, eine gesunde Mischung aus Menschen, die eher vorsichtig und zögernd handeln und Menschen die instinktiv handeln. Beides hat es gebraucht, um praktisch vernünftige Entscheidungen zu treffen!“ Die Pandemie sei insgesamt eine wichtige Zeit für das ganze Krankenhaus gewesen. „Man hat gelernt, dass man sich aufeinander verlassen kann!“
Unter den Patienten seien ebenfalls ganz unterschiedliche Reaktionen zu erkennen gewesen, Menschen, die so taten als sei nichts und solche, die aus Angst übervorsichtig waren. „Eines steht fest“, so Dr. Sonia Prader, „Covid hat mit allen etwas gemacht, auch wenn man sich dessen vielleicht noch nicht bewusst sein mag.“ Vielleicht, meint sie, könne man sogar von einer Art kollektivem Trauma sprechen.
Das größte Problem stellten die onkologischen Patientinnen dar. „Wir mussten je nach Erkrankung und Dringlichkeit die Tumor-Nachsorgetermine um drei bis sechs Monate verschieben. Wir haben uns sofort nach dem Lockdown ans Telefon gesetzt und die Patienten kontaktiert. Im März gingen wir davon aus, dass im Juli längst alles wieder im Lot sein werde…“
Dringende Brustoperationen wurden auch während des Lockdowns durchgeführt (10 – 15) ebenso wie gynäkologische Eingriffe (5-7) in Bozen. „In der ersten Phase haben wir nur dringende Notfälle und Kaiserschnitte durchgeführt. Aber schon nach Ostern hatten wir den onkologischen Betrieb wieder auf Vor-Covid hochgefahren.“ Alle Patientinnen, die chirurgisch versorgt werden mussten, auch Kaiserschnitte, wurden einem Coronavirus-Abstrich unterzogen und anschließend auch einem Antikörpertest. „Nicht für unsere Sicherheit, wir waren schließlich auf das Beste geschützt, sondern im Interesse der Patientinnen und ihres Umfelds und des Krankenhauses“, betont Dr. Sonia Prader.
Persönlich sieht Primarin Prader die Covid-19-Pandemie als Reifezeit. Sich von heute auf morgen auf etwas einzustellen, das so absolut nicht vorhersehbar war, sei eine gute Schule. „Ich habe gelernt, wie ich in einer Krisensituation funktioniere: offensichtlich nach dem Motto, packen wir es an.“
Wenn es etwas gebraucht habe als Eigenschaft, dann vor allem Pragmatismus und die Fähigkeit Unsicherheit zu akzeptieren und schnell Entscheidungen zu treffen. „Auf der anderen Seite gab es täglich aktualisierte Vorgaben und Leitlinien, auf der anderen Seite hieß es, sofort reagieren.“ Zwei Extreme, die die Situation im gesamten Bezirk Eisacktal gekennzeichnet hätten. „Schlussendlich hat sich die enge Zusammenarbeit im Team bewährt, eine gesunde Mischung aus Menschen, die eher vorsichtig und zögernd handeln und Menschen die instinktiv handeln. Beides hat es gebraucht, um praktisch vernünftige Entscheidungen zu treffen!“ Die Pandemie sei insgesamt eine wichtige Zeit für das ganze Krankenhaus gewesen. „Man hat gelernt, dass man sich aufeinander verlassen kann!“
Unter den Patienten seien ebenfalls ganz unterschiedliche Reaktionen zu erkennen gewesen, Menschen, die so taten als sei nichts und solche, die aus Angst übervorsichtig waren. „Eines steht fest“, so Dr. Sonia Prader, „Covid hat mit allen etwas gemacht, auch wenn man sich dessen vielleicht noch nicht bewusst sein mag.“ Vielleicht, meint sie, könne man sogar von einer Art kollektivem Trauma sprechen.
Krankenhaus Brixen
Die Pandemie habe viele Menschen durch die Konfrontation mit ihrer Angst, vor dem bedrohlich Unbekannten, verunsichert, die Auseinandersetzung mit dem Thema Tod, mit der eigenen Endlichkeit und jener von nahen Verwandten und Bekannten. „Wichtig finde ich, dass es zu einer Aufarbeitung dieser essentiellen Themen und damit zu einer schrittweisen Bewältigung kommt. Die Politiker haben eine tolle Arbeit gemacht, indem sie in der Akutphase beruhigt und durch die Wogen geführt haben, doch nun sollte die offene Diskussion über Verbesserungsmöglichkeiten und Vorbereitung auf weitere Krisensituationen erfolgen. Bisher habe ich den Eindruck, dass die aktive Auseinandersetzung mit den Grenzen des Systems noch gescheut oder als wenig wichtig erachtet wird.“ Wenn man sich nicht äussere, sich nicht bewusst mache, was diese Erfahrung auch längerfristig in Gang gesetzt haben - mit jedem Einzelnen wie auch mit dem System - wie man sich vorbereiten und mit unabänderlichen Ereignissen umgehen kann, dann bleibe die erlebte Angst, die bei manchen bis zur Panik und vollkommenen Lähmung führe und werde sich in der nächsten Krise wieder ausbreiten. „Wenn Pauschalisierungen erlaubt sind, würde ich sagen: Südtiroler haben eine bewundernswerte Eigenschaft, sie sind Macher. Corona könnte uns helfen, eine andere Seite zu entdecken: die emotional-psychische Verarbeitung durch Bewusstmachung. Dies offen und gemeinsam anzugehen, ließe die Gesellschaft reifen.“
Deshalb brauche es jetzt vor allem Zeit und Gespräche, meint Dr. Sonia Prader. Zeit um äußerlich und innerlich zur Ruhe zu kommen, Zeit das Erlebte zu verarbeiten, Zeit um sich klar zu werden, was diese Erfahrung für die Zukunft, jeden Einzelnen und die Gesellschaft bedeutet, Zeit um Versäumtes abzuarbeiten und aufzuholen. „Sprechen wir darüber, das hilft uns allen und macht uns als Gemeinschaft stärker.“
Deshalb brauche es jetzt vor allem Zeit und Gespräche, meint Dr. Sonia Prader. Zeit um äußerlich und innerlich zur Ruhe zu kommen, Zeit das Erlebte zu verarbeiten, Zeit um sich klar zu werden, was diese Erfahrung für die Zukunft, jeden Einzelnen und die Gesellschaft bedeutet, Zeit um Versäumtes abzuarbeiten und aufzuholen. „Sprechen wir darüber, das hilft uns allen und macht uns als Gemeinschaft stärker.“