Aktuell

Gesund, ausgewogen und nachhaltig

Drei Fragen an Dr. Michael Kob über eine rein pflanzliche Ernährung
Er ist der geschäftsführende Primar des Dienstes für Diätetik und klinische Ernährung, konsumiert aus Überzeugung keine tierischen Produkte, ist ein leidenschaftlicher Hobbykoch und er schreibt die Rezepte für die Chance. Drei Fragen an Dr. Michael Kob, zusammen mit Alexandra Obexer Impulsgeber für die Einführung der Green Mondays in der Mensa des Krankenhauses Bozen.
Dr. Kob, Sie schreiben als Ernährungsmediziner seit mehreren Jahren das Rezept in der Chance. Ihre Vorschläge sind immer zu 100% pflanzlich. Ist eine solche Ernährung demnach auch für Menschen mit geschwächtem Immunsystem, mit onkologischen und/ oder anderen Erkrankungen geeignet?
Dr. Michael Kob: Auf jeden Fall. Natürlich muss eine rein pflanzliche Ernährung – genauso wie eine omnivore – gut geplant werden und individuelle Vorlieben und Verträglichkeiten berücksichtigen. Gerade was das geschwächte Immunsystem angeht, ist eine Ernährung ohne Tierprodukte ganz klar von Vorteil, da das Risiko für Nahrungsmittelinfektionen bzw. -intoxikationen bei tierischen Produkten um ein Vielfaches höher ist, als bei pflanzlichen. Während Fleisch und -produkte, Milchprodukte und Eier – vor allem bei häufigem Verzehr – entzündungsfördernde Effekte auf unseren Körper ausüben, haben Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Getreide, Nüsse und Samen eine entzündungshemmende Wirkung. Letztere sind besonders bei Personen mit Krebserkrankungen oder anderen chronischen Erkrankungen (Herzkreislauferkrankungen, Rheuma, Diabetes, etc.) wichtig, da dort ja bereits eine chronische Entzündung im Körper besteht.
Wie kann man sicherstellen, dass der Körper auch bei einer fleischlosen Ernährung mit allen lebensnotwendigen Stoffen versorgt ist? Muss man zusätzliche Integratoren zu sich nehmen? Auf was ist zu achten?
Dr. Michael Kob: Die Ernährung sollte ausgewogen und abwechslungsreich sein. Durch die Kombination von Hülsenfrüchten (Bohnen, Erbsen, Kichererbsen, Linsen, auch z.B. in Form von Tofu oder Tempeh) mit Getreide- bzw. Pseudogetreideprodukten (Nudeln, Reis, Brot, Mais, Buchweizen, Quinoa) – am besten aus Vollkorn, sofern keinen Gegenanzeigen dafür bestehen – erhält der Körper genügend notwendiges Eiweiß. Eisen, Kalzium und Zink kommen ebenfalls in Hülsenfrüchten und Vollkorngetreide vor, zusätzlich in vielen Gemüsesorten (Kohlgemüse, Brokkoli, Blumenkohl, grünes Blattgemüse) und in Nüssen und Samen. Der einzige Nährstoff, der bei 100% pflanzlicher Ernährung unbedingt integriert werden muss, ist das Vitamin B12. Entweder in Form eines Nahrungsergänzungsmittels oder als angereichertes Nahrungsmittel (z.B. Vitamin B12-angereicherte Pflanzendrinks). Dabei sollte vielleicht erwähnt werden, dass Vitamin B12 weder von Tieren noch von Pflanzen gebildet wird, sondern ausschließlich von Bakterien und Pilzen. Tatsächlich stammt das Vitamin B12 in tierischen Produkten heutzutage fast ausschließlich aus mit Vitamin B12-angereichertem Tierfutter, gelangt also nur durch die Fütterung in das Fleisch und die Milch des Nutztieres.
Sie sind nicht nur Ernährungsmediziner, sondern auch Hobbykoch. Sie selbst essen aus Überzeugung keine tierischen Produkte. Verträgt sich das?
Dr. Michael Kob: Ich finde, dass sich diese Dinge sogar sehr gut vertragen. Gute Kochkenntnisse zu besitzen, ist von großem Vorteil, um den Patienten auch individuelle, praktische Tipps zur Nahrungszubereitung geben zu können, z.B. wie ich fettarm, aber trotzdem schmackhaft kochen kann, oder wie ich Hülsenfrüchte in meinen täglichen Speiseplan einbauen kann, ohne dass es zu starken Blähungen kommt oder wie ich schnell und kostengünstig gesunde Mahlzeiten zubereiten kann. Meine Entscheidung, keine tierischen Produkte zu konsumieren, ist rein persönlich. Niemand wird von mir gezwungen, komplett auf solche Produkte zu verzichten, aber natürlich sollten diese aus gesundheitlichen, aber auch aus Gründen der Nachhaltigkeit (tierische Produkte haben einen viel höheren ökologischen Fußabdruck als pflanzliche!) nur in limitierter Menge und Häufigkeit konsumiert werden.

Aktuell

Wissen und Verantwortung

Mamazone: Die 14. Diplompatientin in der EURAC am 14. Oktober 21 – online und in Präsenz
Die Veranstaltung ist längst ein fixer Termin im Jahreslauf. Jedes Jahr im Oktober lädt mamazone Südtirol zur Diplompatientin in die EURAC in Bozen. Das Format, hochkarätige Experten, die das Thema Krebs und Frau von verschiedenen Seiten beleuchten, hat sich bewährt. Auch die Entscheidung, die Veranstaltung online und in Präsenz anzubieten.
Sieben Experten haben am 16. Oktober in der EURAC in Bozen von 9 bis 14 Uhr und auch etwas darüber hinaus, so brennende Themen wie Impfung bei Brustkrebspatientinnen (Dr. Ciro Onza, Bozen); Immuntherapie: Hoffnung oder Enttäuschung? (Dr. Christian Marth, Vorstand der Universitätsklinikfür Frauenheilkunde, Innsbruck); Gentests beim Mammakarzinom (Dr. Guido Mazzoleni, Primar der Abteilung für Pathologische Anatomie und Histologie, Direktor Tumorregister Südtirol); Hat Cannabis einen Platz in der Brustkrebstherapie? (Dr. Herbert Heidegger, Primar der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe Meran); Lymphödem – Sympthome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten (Dr. Eva Brix in Vertretung von Dr. Lukas Prantl, Präsident der der deutschen Gesellschaft für Plastische , Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Direktor des Hochschulzentrums für Plastische und Ästhetische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Regensburg); Die Ergebnisse der Pons Kronos Studie (Dr. Claudio Zamagni, Leiter Onkologische Abteilung Addarii Universitäts- klinikum S. Orsola-Malpighi, Bologna) und Immunonkologie und mögliche Therapieansätze bei Brustkrebs unter Berücksichtigung der Resistenzen: das P-CARE Projekt (Leiter Interdisziplinäre Onkologische Tagesklinik Krankenhaus Brixen). Es moderierten Dr. Sonia Prader (Primarin Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe Brixen) sowie Martina Ladurner und Erika Laner von mamazone Südtirol.
Mamazone ist seit vielen Jahren bemüht, Frauen mit Bruskrebs und Frauen, die am Thema interessiert sind, über die neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten. Eine Diplompatientin ist gemäß mamazone eine „mündige, aktive Patientin, die es wissen will, die Verantwortung für ihre Behandlung übernehmen will.“
In Präsenz. Von links: Ida Schacher, Dr. Herbert Heidegger, Martina Ladurner, Dr. Sonia Prader, Dr. Guido Mazzoleni, Erika Laner und Dr. Ciro Onza.
Nachstehend ein kurzer Überblick über die wichtigsten behandelten Themen.
Immuntherapie:
Diese Art von Therapie gibt es bereits seit 1910. Das Immunsystem bekämpft Viren, Bakterien und Pilze mittels sog. Fresszellen, Makrophage. Man unterscheidet zwischen angeborenem und adaptivem Immunsystem (Impfungen). Die Organe des Lymphsystems sind die Lymphknoten und die Thymusdrüse. Dr. Marth: „Die Lymphknoten sind eine Art Klär-Station. Hier werden die Krebszellen entweder abgewehrt oder aber es gelingt ihnen, sich einzunisten.“ Die Immunzellen docken an die Krebszellen an, Bruchstücke dieser Zelle brechen ab und werden von den Immunzellen „gefressen“, verändert und in den Lymphknoten transportiert. Das Immunsystem, so Dr. Marth, funktioniert nach dem Prinzip, Gas geben und bremsen. „Die Kunst liegt im rechten Maß.“ Wenn das Immunsystem zu viel arbeitet, sind nämlich nicht nur die körperfeindlichen (Krebs)Zellen gefährdet, sondern auch die gesunden. Aus diesem Grund warnte Dr. Marth vor einer übertriebenen und vor allen Dingen unkontrollierten Stärkung des Immunsystems, die letztendlich schädlich sein kann. Eine unspezifische und unkontrollierte forcierte Stärkung könnte sogar zu einer Stärkung und besseren Durchblutung der Krebszellen führen. „Besser als irgendwelche Präparate zu nehmen, die zudem teuer verkauft werden, sind regelmäßiger Ausdauersport und ein gesunder Lebensstil“, unterstrich Dr. Marth. Sehr vielversprechend seien Studien über eine personalisierte RNA-Impfung gegen Krebs. Eine individuell auf den Patienten zugeschnittene Immuntherapie in Kombination mit Strahlentherapie und Chemo sei im Augenblick der vielversprechendste Therapieweg.
Impfung:
Krebstherapien senken das Immunsystem der Patienten, deshalb, so Dr. Ciro Onza, seien onkologischen Patienten, besonders auch mit hämatologischen Pathologien, Impfungen wärmstens zu empfehlen. Im besten Fall vor Beginn der Therapie. „Es ist unerlässlich, dass sich auch das Umfeld des Patienten impfen lässt.“ Besonders empfehlenswert seien Impfungen gegen Windpocken, gegen Grippe und Pneumokokken. Im vergangenen Jahr habe es bedingt durch den Lockdown praktisch keine Grippewelle gegeben, dafür sei in diesem Winter mit einer umso stärkeren Grippewelle zu rechnen. „Die Gefahr einer Grippeerkrankung liegt in den Komplikationen, wie z. B. eine Lungenentzündung.“ Dr. Onza: „Wir empfehlen außerdem dringend allen Krebspatienten die 3. Impfdosis gegen Covid.“ Und allen anderen natürlich auch.
Gentests:
Dr. Mazzoleni informierte über die molekular-genetischen Tests mit neuen Markern und Indikatoren, dank denen die Krebstherapie noch besser auf den individuellen Fall zugeschnitten werden kann. In Südtirol werden dort, wo es indiziert ist, die Kosten für den Gentest vom Gesundheitsbetrieb übernommen. Je nach Ergebnis des Tests, kann eine unnötige Chemotherapie verhindert werden. Die Tests werden Patientinnen angeboten, bei denen der Therapieweg nicht eindeutig von den Ergebnissen der verschiedenen Untersuchungen vorgegeben ist, laut Dr. Mazzoleni treffe das auf ca. ein Drittel der ca. 450 Brustkrebspatientinnen im Jahr in Südtirol zu; bei etwa einem Zehntel, also 40 – 50 Patientinnen könne dann tatsächlich auf eine Chemotherapie verzichtet werden. Dr. Mazzoleni: "Mehr als die Hälfte unserer Labors ist mittlerweile mit biomolekularen Tests befasst.“ Ein Beweis, wie wichtig bei einer Krebstherapie die Zusammenarbeit der unterschiedlichen medizinisch-technischen Bereiche ist und wie, dank dieses Austauschs, die Krebstherapien immer gezielter auf den individuellen Fall zugeschnitten werden können.
Die Chance hat unter den vielen interessanten Thema eines herausgegriffen und vertieft (siehe nachfolgendes Interview mit Primar Dr. Heidegger, Anm. d. Red.), das bereits seit einigen Jahren kontrovers diskutiert wird , das viele Fragen aufwirft und falsche Hoffnungen weckt. Ein Thema, um das es viele Fehl-Informationen gibt. Krebs und Cannabis.