Thema
Leben mit der Mutation
Claudia und Lucia, zwei Schwestern mit einer BRCA1 Mutation
Fünf bis zehn Prozent aller Brustkrebserkrankungen sind genetischer Natur, d. h. vererbbar. Laut jüngsten Erkenntnissen ist etwa eine von 500 Personen von einer Mutation des BRCA1-Gens und eine von 700 Personen von einer Mutation des BRCA2-Gens betroffen. Die beiden Schwestern Claudia und Lucia Rizzieri sind Trägerinnen der Mutation BRCA1. Claudia, die ältere, erkrankte im Alter von 27 Jahren an Brustkrebs. Das war 1994. Damals war genetische Vorbelastung nur eine Forschungshypothese. Nach 21 Jahren war auch die zweite Brust betroffen. Dieses Mal wurde sie zu einem Gen-Test eingeladen. Der Krebs war BRCA1-bedingt. Daraufhin erging auch eine Einladung an ihre fünf Jahre jüngere Schwester Lucia: Auch sie ist Trägerin der Mutation.
Claudia Rizzieri: Seit dreißig Jahren ist ihr Leben vom Krebs bestimmt. Nach der ersten Erkrankung wollte die Oberschullehrerin nur eines: Vergessen. Sie nahm das Angebot eines Treffens mit dem Onko-Psychologen damals nicht wahr und konzentrierte sich darauf, ihren Körper zu stählen. Halb-Marathon und Skilanglauf. Master-Rennen. Eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin. Den Krebs ausklammern und nur zwei-, später einmal im Jahr bei der Kontrolle (mit Panik) daran denken. Bis 2014 die gleiche Diagnose an der anderen Brust gestellt wurde. Sie wurde zu einem genetischen Test eingeladen. „Ich stand damals zu sehr unter Schock, um darüber nachzudenken. War mit der neuen Diagnose, einer weiteren Chemotherapie und Mastektomie beschäftigt, meiner Angst, ob auch alles gut geht. Als das positive Ergebnis kam, habe ich das gar nicht so wahrgenommen. Die Ärzte sagten mir, ich sollte mit meiner Schwester reden. Ich dachte damals, wir werden es schon nicht beide geerbt haben.“ Als Lucias Gentest ebenfalls die Mutation aufwies, war und ist Claudia immer noch betroffener davon als ihre Schwester selbst.
Krebs ist ein präsentes Thema in ihrem Leben. Die Kontrolluntersuchungen jedes Mal ein Moment des Schreckens, bis alles vorbei ist. Nach der zweiten Erkrankung hat sie ihrem Körper mehr Ruhe gegönnt und hat auch das psycho-onkologische Angebot wahrgenommen. Sport spielt in ihrem Leben zwar immer noch eine wichtige Rolle, aber anders. „Bewegung gibt mir Selbstvertrauen in meinen Körper.“ Was die Krankheit sie gelehrt hat, ist, jeden Tag zu schätzen und Empathie.
Seit der letzten Kontrolle im Herbst 2022 muss sie sich nur noch einmal im Jahr vorstellen. Ein Schritt weiter in Richtung Normalität. Ein Grund zur Freude und ein Grund, es noch einmal versuchen zu wollen. Ein Skirennen. Nur noch einmal. Die 56jährige schrieb sich beim Toblach – Cortina – Lauf ein. Von jeher ihre Lieblingsstrecke. 42 Kilometer Skating. „An den Start ging ich mit einer anderen Einstellung als früher. Ich strebte nicht eine gute Platzierung an, sondern wollte nur sehen, ob ich es schaffe, anzukommen.“ Die Renn-Atmosphäre, das Wiedersehen mit anderen Sportlern, erlebte sie als etwas ganz Besonderes. Ein Glücksgefühl, als sie merkte, dass sie es tatsächlich schaffen würde. Im Ziel, sie ist im Mittelfeld angekommen, hat es sie dann aber doch für einen kurzen Moment gewurmt. Früher war sie immer unter den ersten zehn… Ein kurzer Flashback, der vom Glücksgefühl gleich wieder weggeschwemmt wurde.
Lucia Rizzieri: „Als meine Schwester mir von der Mutation sprach, habe ich das im ersten Augenblick gar nicht so ernst genommen, mich dann aber doch nach ein paar Monaten zum Informationsgespräch und zum Test angemeldet,“ erinnert sich Lucia Rizzieri. Auch das positive Ergebnis hat sie nicht sonderlich aus dem Gleichgewicht gebracht. Die Sozialpädagogin hatte eine kleine Tochter, war alleinerziehende Mutter. Sie hatte andere Sorgen. Unterzog sich aber umgehend dem neuen Rhythmus der Vorsorgeuntersuchungen, die sie sich bis jetzt selbst organisieren musste. „Eine Angelegenheit, die ich als sehr lästig und mühsam empfunden habe. Immer rechtfertigen, warum schon nach wenigen Monaten und nicht erst nach einem Jahr. Warum es wichtig ist, die Abstände einzuhalten und einen Termin jetzt zu bekommen und nicht erst in einem Jahr.“ Ganz abgesehen von den Kosten, die sie bis jetzt selbst tragen musste! Die Kostenübernahme von Seiten des Sanitätsbetriebs empfindet sie als große Entlastung, ebenso wie die angekündigte Einrichtung des neuen multidisziplinären Ambulatoriums für BRCA-Mutierte.
Als 2016, ein Jahr nach der erneuten Erkrankung ihrer Schwester, ihre gleichaltrige Cousine an Eierstockkrebs erkrankte, bekam die damals 45jährige Lucia es doch mit der Angst zu tun. „Mehr in Hinsicht auf meine Tochter. Was sollte mit ihr werden, wenn ich erkranken sollte...“ Sie entschloss sich nach Rücksprache mit ihrer Gynäkologin zur prophylaktischen Entfernung der Eierstöcke. Es war ihr erster Eingriff, ihr erster Krankenhausaufenthalt überhaupt. „Ich war nie krank gewesen, bin sehr naturverbunden. Mich als gesunde Frau einer Operation unterziehen zu müssen, habe ich als sehr unangenehm empfunden. Ebenso geht es mir auch bei der Magnetresonanz.“
Die Operation verlief komplikationslos. Aber der abrupte Eintritt in die Wechseljahre setzte eine problematische Entwicklung in Gang, die bis heute nicht abgeschlossen ist. „Nach sechs Monaten traten krasse Veränderungen ein, physisch und psychisch. Ich hatte und habe weniger Energie, war als positiver Mensch, der ich immer war, plötzlich starken Stimmungsschwankungen ausgesetzt. Mein Leben hat sich verändert.“ Viele Dinge, die vorher selbstverständlich waren, Skitouren, Ausgeglichenheit,... sind jetzt anders. „Ich musste mich an mein neues Ich gewöhnen.“
Eine prophylaktische Mastektomie hat sie bisher abgelehnt. Sie fühlt sich sicher dank der regelmäßigen Vorsorge-Untersuchungen. BRCA ist für sie auch kein Dauer-thema. „Ich lebe mein normales Leben.“ Ihre Tochter ist mittlerweile elf Jahre alt. „Ich denke bis in dreizehn Jahren, wenn sie entscheiden muss, ob sie einen Test machen möchte oder nicht, wird es neue Erkenntnisse geben. Ich mache mich jetzt nicht verrückt. Sie hat soviel von ihrem Vater, da wird sie nicht ausgerechnet das von mir geerbt haben!“
Krebs ist ein präsentes Thema in ihrem Leben. Die Kontrolluntersuchungen jedes Mal ein Moment des Schreckens, bis alles vorbei ist. Nach der zweiten Erkrankung hat sie ihrem Körper mehr Ruhe gegönnt und hat auch das psycho-onkologische Angebot wahrgenommen. Sport spielt in ihrem Leben zwar immer noch eine wichtige Rolle, aber anders. „Bewegung gibt mir Selbstvertrauen in meinen Körper.“ Was die Krankheit sie gelehrt hat, ist, jeden Tag zu schätzen und Empathie.
Seit der letzten Kontrolle im Herbst 2022 muss sie sich nur noch einmal im Jahr vorstellen. Ein Schritt weiter in Richtung Normalität. Ein Grund zur Freude und ein Grund, es noch einmal versuchen zu wollen. Ein Skirennen. Nur noch einmal. Die 56jährige schrieb sich beim Toblach – Cortina – Lauf ein. Von jeher ihre Lieblingsstrecke. 42 Kilometer Skating. „An den Start ging ich mit einer anderen Einstellung als früher. Ich strebte nicht eine gute Platzierung an, sondern wollte nur sehen, ob ich es schaffe, anzukommen.“ Die Renn-Atmosphäre, das Wiedersehen mit anderen Sportlern, erlebte sie als etwas ganz Besonderes. Ein Glücksgefühl, als sie merkte, dass sie es tatsächlich schaffen würde. Im Ziel, sie ist im Mittelfeld angekommen, hat es sie dann aber doch für einen kurzen Moment gewurmt. Früher war sie immer unter den ersten zehn… Ein kurzer Flashback, der vom Glücksgefühl gleich wieder weggeschwemmt wurde.
Lucia Rizzieri: „Als meine Schwester mir von der Mutation sprach, habe ich das im ersten Augenblick gar nicht so ernst genommen, mich dann aber doch nach ein paar Monaten zum Informationsgespräch und zum Test angemeldet,“ erinnert sich Lucia Rizzieri. Auch das positive Ergebnis hat sie nicht sonderlich aus dem Gleichgewicht gebracht. Die Sozialpädagogin hatte eine kleine Tochter, war alleinerziehende Mutter. Sie hatte andere Sorgen. Unterzog sich aber umgehend dem neuen Rhythmus der Vorsorgeuntersuchungen, die sie sich bis jetzt selbst organisieren musste. „Eine Angelegenheit, die ich als sehr lästig und mühsam empfunden habe. Immer rechtfertigen, warum schon nach wenigen Monaten und nicht erst nach einem Jahr. Warum es wichtig ist, die Abstände einzuhalten und einen Termin jetzt zu bekommen und nicht erst in einem Jahr.“ Ganz abgesehen von den Kosten, die sie bis jetzt selbst tragen musste! Die Kostenübernahme von Seiten des Sanitätsbetriebs empfindet sie als große Entlastung, ebenso wie die angekündigte Einrichtung des neuen multidisziplinären Ambulatoriums für BRCA-Mutierte.
Als 2016, ein Jahr nach der erneuten Erkrankung ihrer Schwester, ihre gleichaltrige Cousine an Eierstockkrebs erkrankte, bekam die damals 45jährige Lucia es doch mit der Angst zu tun. „Mehr in Hinsicht auf meine Tochter. Was sollte mit ihr werden, wenn ich erkranken sollte...“ Sie entschloss sich nach Rücksprache mit ihrer Gynäkologin zur prophylaktischen Entfernung der Eierstöcke. Es war ihr erster Eingriff, ihr erster Krankenhausaufenthalt überhaupt. „Ich war nie krank gewesen, bin sehr naturverbunden. Mich als gesunde Frau einer Operation unterziehen zu müssen, habe ich als sehr unangenehm empfunden. Ebenso geht es mir auch bei der Magnetresonanz.“
Die Operation verlief komplikationslos. Aber der abrupte Eintritt in die Wechseljahre setzte eine problematische Entwicklung in Gang, die bis heute nicht abgeschlossen ist. „Nach sechs Monaten traten krasse Veränderungen ein, physisch und psychisch. Ich hatte und habe weniger Energie, war als positiver Mensch, der ich immer war, plötzlich starken Stimmungsschwankungen ausgesetzt. Mein Leben hat sich verändert.“ Viele Dinge, die vorher selbstverständlich waren, Skitouren, Ausgeglichenheit,... sind jetzt anders. „Ich musste mich an mein neues Ich gewöhnen.“
Eine prophylaktische Mastektomie hat sie bisher abgelehnt. Sie fühlt sich sicher dank der regelmäßigen Vorsorge-Untersuchungen. BRCA ist für sie auch kein Dauer-thema. „Ich lebe mein normales Leben.“ Ihre Tochter ist mittlerweile elf Jahre alt. „Ich denke bis in dreizehn Jahren, wenn sie entscheiden muss, ob sie einen Test machen möchte oder nicht, wird es neue Erkenntnisse geben. Ich mache mich jetzt nicht verrückt. Sie hat soviel von ihrem Vater, da wird sie nicht ausgerechnet das von mir geerbt haben!“