Thema
Forschung, Soforthilfe und Aufklärung
Gespräch mit Prof. Dr. Christian Marth, Präsident der Krebshilfe Tirol
In Meran geboren und seit 1995 an der Klinik für Frauenheilkunde Innsbruck, seit 1998 als Vorstand, ist Dr. Christian Marth seit vergangenem Jahr Präsident der Krebshilfe Tirol. Dem Gynäkologen und Chirurgen sind vor allem die Krebsforschung und die Vorsorge ein großes Anliegen.
Chance: Was sehen Sie als Hauptaufgabe der Krebshilfe Tirol?
Dr. Christian Marth: Die Krebshilfe hat mehrere Standbeine. Die direkte Akuthilfe durch psycho-onkologische Beratung, die Information und die Aufklärungsarbeit sowie die Förderung der klinischen Krebsforschung.
Chance: Warum gerade die klinische Forschung?
Dr. Christian Marth: Weil in diesem Bereich bei uns und auch in vielen anderen Ländern nicht ausreichend Geldmittel zur Verfügung gestellt werden und es extrem wichtig ist, in innovative Projekte zu investieren, um die Krebstherapie voranzubringen.
Chance: Wie beurteilen Sie die Krebsbehandlung in den letzten Jahren?
Dr. Christian Marth: Man kann nicht sagen, dass es einen wirklichen Durchbruch in der Behandlung gegeben hat, aber dennoch: die Patienten leben heute deutlich länger. Auch in meinem Bereich ist das so. Bei Eierstockkrebs hat sich die Überlebenszeit mehr als verdoppelt. Die WHO hat sich zum Ziel gesetzt, den Gebärmutterhalskrebs auszurotten wie seinerzeit die Pocken.
Chance: Es muss also noch mehr in Forschung investiert werden?
Dr. Marth: Wir müssen alle unsere Spenden dafür einsetzen. Das ist auch ein Grund, weshalb wir unseren Verwaltungsapparat so klein wie möglich halten. Außer unserer Geschäftsführerin Anita Singer, sind alle Mitglieder auf Freiwilligenbasis in der Krebshilfe tätig. Die Arbeit gerade des Tiroler Krebsforschungsinstituts, das wir nach Kräften unterstützen, ist von größter Bedeutung.
Chance: Welche Ziele haben Sie sich persönlich gesetzt, als sie das Amt des Präsidenten der Krebshilfe übernommen haben?
Dr. Christian Marth: Mein erstes konkretes Anliegen ist die Werbung für die HPV-Impfung (gegen den Papilloma-Virus, der u. a. Gebärmutterhalskrebs hervorruft). Mit dieser Maßnahme können wir ganz konkret dazu beitragen, Krebs zu verhindern. Alle Mädchen und Jungen ab einem Alter von 9 Jahren sollten dagegen geimpft werden.
Chance: Auch Jungen? In Südtirol wird diese Impfung für alle 12jährigen Mädchen kostenlos angeboten.
Dr. Christian Marth: Ja, auch für Jungen. Das Papilloma-Virus ruft nicht nur Gebärmutterhalskrebs hervor, sondern auch andere Krebsarten. Zum Beispiel im HNO-Bereich, Stimmbandkrebs oder auch Enddarmkrebs, um nicht von den an sich harmlosen, aber sehr lästigen Feigwarzen (Kondylome) zu sprechen. Daher ist es von größter Bedeutung, auch die männliche Bevölkerung vor dem ersten Geschlechtsverkehr zu impfen.
Chance: Ein weiteres Anliegen?
Dr. Christian Marth: Durch entsprechende Informationskampagnen zu erreichen, dass noch mehr Frauen sich regelmäßig einer Mammographie unterziehen. Fast 500 Frauen erkranken jährlich in Tirol an Brustkrebs, in Österreich sind es 5.000 Frauen. Damit ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Auch hier sammeln wir Gelder für Soforthilfe und für die Forschung. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die Bevölkerung von der Wichtigkeit der Vorsorgemaßnahmen zu überzeugen. Über unsere Webseite - www.krebshilfe-tirol.at - kann sich beispielsweise jeder für das österreichweite Online-Vorsorge Programm einschreiben, um über das E-Mail/SMS-Erinnerungssystem der Österreichischen Krebshilfe rechtzeitig an die Vorsorgetermine erinnert zu werden.