Thema

Schwerpunkt Forschung

Die Österreichische Krebshilfe – Krebsgesellschaft Tirol

Geschäftsführerin Anita SingerGeschäftsführerin Anita Singer

Seit sechzig Jahren gibt es sie schon, die "Österreichische Krebshilfe – Krebsgesellschaft Tirol". Gegründet 1955 als eine Art akademischer Club von sechs Universitätsprofessoren der medizinischen Fakultät Innsbruck, liegt bereits seit 1970 der Schwerpunkt der Tätigkeit im Bereich der onkologischen Forschung. Die Gründung des Tiroler Krebsforschungsinstitut im Jahr 2000 geht auf Betreiben des damaligen Präsidenten, Prof. Raimund Magreiter zurück.
Die Tiroler Krebshilfe zählt 430 Mitglieder, der Vorstand wird alle drei Jahre aus den Reihen der Mitglieder neu gewählt. Präsident ist derzeit und seit 2014 der Chirurg und Gynäkologe Professor Christian Marth. Die Krebshilfe Tirol kann nicht wie die Südtiroler Krebshilfe auf eine großzügige Unterstützung von Land oder Bund zählen, sondern finanziert sich zur Gänze aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen.
Die Mitglieder sind zu 50 Prozent Ärzte der Kliniken in Innsbruck, die anderen Mitglieder sind niedergelassene Ärzte, zehn Mitglieder sind Nichtmediziner. Hier liegt der große Unterschied zur Südtiroler Krebshilfe und dieser Umstand erklärt auch, die im Vergleich zu Südtirol niedrige Mitgliederzahl. Die über 9.000 Mitglieder der Südtiroler Krebshilfe sind Betroffene und deren Angehörige sowie fördernde Mitglieder, die dazu beitragen wollen, den Betroffenen in ihrer schweren Situation zu helfen. Wer von der Tiroler Krebshilfe Unterstützung für ein Forschungsprojekt erhalten möchte, muss Mitglied sein.
Im Zentrum von Innsbruck führt die Krebshilfe ein kleines Büro, seit 15 Jahren geleitet von Geschäftsführerin Anita Singer, Seele der Krebshilfe und einzige Angestellte, sie betreut gleichzeitig das Krebs-Telefon. Etwa 250 Anrufe gehen jährlich ein. Fragen zu Therapien, Zuwendungen, Informationen über Vorsorge und ähnliches mehr.
Im Gegensatz zu den anderen, nennen wir es Zweigstellen der Österreichischen Krebshilfe in den einzelnen Bundesländern, unterhält die Krebshilfe Tirol keine Büros in den einzelnen Landesbezirken. Was es gibt, sind in Kooperation mit acht Tiroler Sozialsprengeln, psychoonkologische und psychosoziale Beratungsstellen, an die sich Krebspatienten und ihre Angehörigen und generell alle Bürger, die sich über das Thema Krebs und Vorsorge informieren wollen, kostenlos wenden können.
Jeden Monat gehen umfangreiche Mailings heraus, in denen über allgemeine Themen informiert wird. Im März 2015 waren es beispielsweise Informationen zum Thema Darmkrebs, im Juni zum Thema Prostata-Krebs. Die Krebshilfe beteiligt sich an Ärzteveranstaltungen und präsentiert sich dort mit einem Flyer. Sie organisiert in regelmäßigen Abständen onkologische Kolloquien für Forscher und Interessierte.
Über von Dritten zugunsten der Krebshilfe organisierte Charity-Veranstaltungen werden weitere Sponsoren geworben und wird die Öffentlichkeit für die Krebsforschung sensibilisiert. Über die Krebshilfe Tirol können Betroffene Zuwendungen aus einem Selbsthilfefond beziehen, aus dem zum Beispiel Mittel für den Ankauf einer Perücke bezogen werden können oder kurzfristige finanzielle Hilfen, wenn ein Betroffener durch seine Krankheit in eine Notsituation geraten sollte. Im Jahr 2014 konnten 36 Anträge auf Soforthilfe im Ausmaß von insgesamt 30.000 € bearbeitet werden.
In Tirol erkranken jährlich 1.570 Frauen und 1.780 Männer an Krebs. (Quelle: Tumorregister Tirol). Mehr als tausendmal wurde die Krebshilfe Tirol 2013 um Hilfe gebeten. 1.035 Frauen und Männer wandten sich an eine der psychoonkologischen Beratungsstellen.

Thema

Forschung, Soforthilfe und Aufklärung

Gespräch mit Prof. Dr. Christian Marth, Präsident der Krebshilfe Tirol


In Meran geboren und seit 1995 an der Klinik für Frauenheilkunde Innsbruck, seit 1998 als Vorstand, ist Dr. Christian Marth seit vergangenem Jahr Präsident der Krebshilfe Tirol. Dem Gynäkologen und Chirurgen sind vor allem die Krebsforschung und die Vorsorge ein großes Anliegen.
Chance: Was sehen Sie als Hauptaufgabe der Krebshilfe Tirol?
Dr. Christian Marth: Die Krebshilfe hat mehrere Standbeine. Die direkte Akuthilfe durch psycho-onkologische Beratung, die Information und die Aufklärungsarbeit sowie die Förderung der klinischen Krebsforschung.
Chance: Warum gerade die klinische Forschung?
Dr. Christian Marth: Weil in diesem Bereich bei uns und auch in vielen anderen Ländern nicht ausreichend Geldmittel zur Verfügung gestellt werden und es extrem wichtig ist, in innovative Projekte zu investieren, um die Krebstherapie voranzubringen.
Chance: Wie beurteilen Sie die Krebsbehandlung in den letzten Jahren?
Dr. Christian Marth: Man kann nicht sagen, dass es einen wirklichen Durchbruch in der Behandlung gegeben hat, aber dennoch: die Patienten leben heute deutlich länger. Auch in meinem Bereich ist das so. Bei Eierstockkrebs hat sich die Überlebenszeit mehr als verdoppelt. Die WHO hat sich zum Ziel gesetzt, den Gebärmutterhalskrebs auszurotten wie seinerzeit die Pocken.
Chance: Es muss also noch mehr in Forschung investiert werden?
Dr. Marth: Wir müssen alle unsere Spenden dafür einsetzen. Das ist auch ein Grund, weshalb wir unseren Verwaltungsapparat so klein wie möglich halten. Außer unserer Geschäftsführerin Anita Singer, sind alle Mitglieder auf Freiwilligenbasis in der Krebshilfe tätig. Die Arbeit gerade des Tiroler Krebsforschungsinstituts, das wir nach Kräften unterstützen, ist von größter Bedeutung.
Chance: Welche Ziele haben Sie sich persönlich gesetzt, als sie das Amt des Präsidenten der Krebshilfe übernommen haben?
Dr. Christian Marth: Mein erstes konkretes Anliegen ist die Werbung für die HPV-Impfung (gegen den Papilloma-Virus, der u. a. Gebärmutterhalskrebs hervorruft). Mit dieser Maßnahme können wir ganz konkret dazu beitragen, Krebs zu verhindern. Alle Mädchen und Jungen ab einem Alter von 9 Jahren sollten dagegen geimpft werden.
Chance: Auch Jungen? In Südtirol wird diese Impfung für alle 12jährigen Mädchen kostenlos angeboten.
Dr. Christian Marth: Ja, auch für Jungen. Das Papilloma-Virus ruft nicht nur Gebärmutterhalskrebs hervor, sondern auch andere Krebsarten. Zum Beispiel im HNO-Bereich, Stimmbandkrebs oder auch Enddarmkrebs, um nicht von den an sich harmlosen, aber sehr lästigen Feigwarzen (Kondylome) zu sprechen. Daher ist es von größter Bedeutung, auch die männliche Bevölkerung vor dem ersten Geschlechtsverkehr zu impfen.
Chance: Ein weiteres Anliegen?
Dr. Christian Marth: Durch entsprechende Informationskampagnen zu erreichen, dass noch mehr Frauen sich regelmäßig einer Mammographie unterziehen. Fast 500 Frauen erkranken jährlich in Tirol an Brustkrebs, in Österreich sind es 5.000 Frauen. Damit ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Auch hier sammeln wir Gelder für Soforthilfe und für die Forschung. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die Bevölkerung von der Wichtigkeit der Vorsorgemaßnahmen zu überzeugen. Über unsere Webseite - www.krebshilfe-tirol.at - kann sich beispielsweise jeder für das österreichweite Online-Vorsorge Programm einschreiben, um über das E-Mail/SMS-Erinnerungssystem der Österreichischen Krebshilfe rechtzeitig an die Vorsorgetermine erinnert zu werden.