Kommentar

Liebe Leserinnen und Leser,

Nicole Dominique Steiner
Mitte Juni habe ich meine zweite Impfdosis Pfizer-BioNTech erhalten. Die Krankenschwester im Impfzentrum in der Bozner Messe fragte mich, wie es mir ginge, während sie die Spritze herrichtete. „Sehr gut“ antwortete ich. „Sie sind die Erste, die mir heute so antwortet“, gab sie zurück. Mir ging es wirklich sehr gut! Ich hatte mich auf diesen Tag gefreut. Sehr gefreut. Endlich durchgeimpft. In zwei Wochen kann ich auf den vollen Impfschutz vertrauen und ich kann mich freier bewegen. Was bis vor eineinhalb Jahren selbstverständlich war, wird jetzt zur Eroberung. Reisen. So spät nachhause kommen, wie ich möchte. Mich sicherer fühlen, auch wenn ich, ehrlichgesagt, instinktiv auf Sicherheitsabstand gehe und meinen Mundschutz stets bereit halte. Weniger Angst vor dieser unsichtbaren Bedrohung haben, die seit vielen Monaten die ganze Welt in Schach hält. Ja, mir ging es am Samstag, 12. Juni, wirklich sehr gut!
Die dritte Ausgabe der Chance in Corona-Zeiten. Aber dieses Mal nimmt das Thema Corona nur wenig Raum ein. Wenn Sie dieses Heft in den Händen halten, sind auch in Südtirol die allermeisten Einschränkungen aufgehoben. Abgesehen von einer gesunden Distanz, die wir wohl schon fast instinktiv zu anderen Menschen, die nicht zum engen Familienkreis gehören, einhalten. Wer hätte das je gedacht? Eine weltweite Pandemie, die das ganze Leben von heute auf morgen lahmlegt und die nun schon seit eineinhalb Jahren die Schlagzeilen beherrscht. Was wird diese Zeit uns wohl hinterlassen?
In jedem Fall eine tiefe Dankbarkeit für all jene, die tagtäglich Großes in den Corona-Abteilungen geleistet haben. Und auch jenen gegenüber, die tagtäglich in den Krankenhäusern und Diensten des Sanitätsbetriebes weiterhin gewissenhaft ihrer Arbeit nachgegangen sind, die große Opfer gebracht und auch Gefahren auf sich genommen haben, um die Fortführung der wichtigen Dienste zu gewährleisten. Die Onkologie, die Radiologie, die Strahlentherapie, die Brustkrebszentren, die Day Hospitals, die Laboratorien, alle Abteilungen, die unaufschiebbare Dienste leisten … All jenen, die diese Dienste aufrechterhalten haben, Ärzten, Pflegepersonal, technischem Personal, Therapeuten gebührt unser Dank. Südtirol kann sich glücklich zählen, über ein ausgezeichnetes Gesundheitssystem zu verfügen und über kompetente und motivierte Menschen, die es ausmachen. Wie gut es ist, hat sich im täglichen Reagieren auf die Ausnahmesituation der Pandemie gezeigt.
Und jetzt können wir nur hoffen, dass sich so viele wie möglich impfen lassen, damit wir wieder zur Normalität übergehen können. Aber halt. Nein, nicht ganz. Vergessen dürfen wir nämlich nicht und unsere Freude über das wiedergewonnene, „ganz normale“ Leben wird hoffentlich noch sehr lange anhalten.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen ganz normalen und wunderschönen Sommer
Nicole Dominique Steiner

Aktuell

Die Zukunft ist heute

Hochtechnologie im Kampf gegen Krebs: Strahlentherapie arbeitet mit drei Linearbeschleunigern
Verkürzte Bestrahlungszeiten: bei Rektum-Karzinom anstelle von 25 nur 5 Tage, bei Mammakarzinom nicht 25 – 33 sondern 15 – 20 Tage. Höhere Präzision, weniger Nebenwirkungen, zweifelsfreie Erkennung der Patienten. Dies sind die Vorteile der modernen hypofraktionierten Bestrahlungstechnologie. Im Mai hat der Dienst für Strahlentherapie des Südtiroler Sanitätsdienstes in der Bonvicini-Klinik einen dritten, hochtechnologischen Linearbeschleuniger in Betrieb genommen. Gleichzeitig wurden ein Gesichtsscanner installiert, Zusatzgeräte für eine Atemsteuerung der Bestrahlung sowie ein Positionierungssystem.
Der neue Linearbeschleuniger vervollständigt damit die bereits hochtechnologische Ausstattung des onkologischen Strahlendienstes des Südtiroler Sanitätsbetriebes. Die nun insgesamt drei Linearbeschleuniger der neuesten Generation arbeiten sehr schnell und hochpräzise. Das bedeutet ein noch umfassenderes Angebot für onkologische Patienten im Kampf gegen Krebs.
Die Linearbeschleuniger wurden sukzessive, 2014, 2016 und im Mai 2021 in Betrieb genommen und haben die alten Geräte ersetzt. „Ein weiterer Vorteil“, so Primar Dr. Martin Maffei, „ist, dass die Geräte jetzt alle untereinander austauschbar sind, jeder Patient kann auf jedem Gerät bestrahlt werden.“ Das heißt, es gibt fast keine Ausfälle mehr aufgrund von technischen Problemen oder Wartung. Die Maschinen sind sehr komplex und bedürfen planmäßig kleinerer und größerer Wartungen, was jeweils den Ausfall für einige Stunden oder sogar einen Tag bedeutet. Die neuen Geräte ermöglichen eine präzise Bildgebung vor jeder Therapie. Dadurch kann mit einer höheren Strahlendosis gefahren werden, ohne umliegendes Gewebe zu verletzen. Die Therapie ist nicht nur gezielter und wirksamer, sondern auch schneller.
„Wir konnten trotz Pandemie und Lockdown allen unseren onkologischen Patienten die Durchführung der Bestrahlungstherapie garantieren“, betonte der Primar des Dienstes, Dr. Martin Maffei. Und nicht nur. Der Strahlen-Dienst hat in diesem Zeitraum die hypofraktionierten Bestrahlungen gesteigert, um die Bestrahlungszeiten zu verkürzen und damit der Gefahr einer Ansteckung vorzubeugen. „Außerdem haben wir während des Lockdowns vermehrt auch strahlenchirurgische Eingriffe zur Entfernung von Metastasen durchgeführt, und damit auch die Chirurgie entlasten können.“
Primar Martin Maffei bezeichnet die Strahlenchirurgie als "elegante" Methode. In Zukunft werde sie immer wichtiger bei der Entfernung vereinzelter Lymphknoten, Metastasen in Hirn, Lunge, und Leber; aber auch bei frühen Tumorstadien in Leber und Lunge biete sich die Strahlenchirurgie zunehmend als nicht-invasive Alternative zur traditionellen Chirurgie an.
Eines der Geräte ist täglich bis 20 Uhr im Einsatz, um die Wartezeiten für die Patienten auf ein Minimum zu verkürzen. Langfristig gesehen ist ein weiterer zeitlicher Ausbau aber unumgänglich, betont Dr. Martin Maffei. „Ebenso wie ein viertes Gerät!“ Ein entsprechendes Projekt liegt schon vor. Ein Gerät, das zur Bestrahlung auch eine Magnetresonanz bietet. „Damit sind die Weichteile besser sichtbar, das Gerät kann noch zielgenauer arbeiten und der Therapieplan kann täglich an den Heilungsprozess angepasst werden.“ Die Krebsleiden nehmen aufgrund der demographischen Entwicklung in Südtirol zu, bis 2025 rechnet man mit 16%.
Im Eingangsbereich der jeweiligen Behandlungsräume identifiziert in Kürze ein Gesichts-Scanner zweifelsfrei jeden Patienten auf Basis biometrischer Gesichtserkennung. Wenn der Patient den Wartesaal betritt, werden Arzt und Techniker zeitgleich über sein Kommen informiert. Die Maschinen schalten sich erst ein, wenn ein weiterer Gesichtsscan den Patienten und damit auch sein individuelles Bestrahlungsprogramm erkennt. „Diese Sicherheit ist bei hohen Strahlendosen enorm wichtig“, unterstreicht Maffei.
Die drei Linearbeschleuniger sind zudem alle mit Zusatzgeräten für eine atemgesteuerte Bestrahlung ausgestattet worden. Dabei wird mit Hilfe eines Oberflächenscanners die Atmung des Patienten in Echtzeit aufgenommen. Dies führt bei der Behandlung von Brustkrebspatientinnen zu einer noch größeren Schonung des Herzens, was besonders bei Patientinnen, die gleichzeitig eine Chemotherapie oder Antikörpertherapien bekommen, wichtig ist. Gleichzeitig wurde ein neues System zur Patientenpositionierung installiert, in dieser Kombination ist es das erste in Italien! Es ermöglicht eine submillimetrische Positionierungs- und Überwachungsgenauigkeit in der strahlentherapeutischen Behandlung. Je präziser die Strahlen computergestützt positioniert werden können, desto schonender und gleichzeitig effizienter ist die Behandlung.
Primar Martin Maffei: „Das System der Patientenpositionierung verbessert die Qualität der Radiochirurgie und der fraktionierten, stereotaktischen Bestrahlung noch weiter. In naher Zukunft wird auch die künstliche Intelligenz in der Strahlentherapie Einzug halten, aber nichtsdestotrotz ist es unerlässlich, in Ärzte, Techniker, Physiker und Pflegepersonal zu investieren. Gerade weil die Strahlentherapie eine so technische Disziplin ist, ist eine empathische Patientenbetreuung umso wichtiger.“ Die Hauptaufgabe des Radioonkologen sei es, den Patienten empathisch auf die für ihn beste klinische Strahlentherapiebehandlung vorzubereiten und dies gemeinsam mit Spezialisten im Bereich der Röntgentechnik und Medizinphysik - mit Hilfe modernster technischer Mittel und nach den neuesten wissenschaftlichen Standards. „Der Patient darf nicht das Gefühl haben, hilflos einer Maschine ausgesetzt zu sein.“ Die strahlentherapeutische Behandlung, so Dr. Maffei, sei immer eine Teamarbeit zwischen Ärzten, Röntgentechnikern, Medizinphysiker und Pflegepersonal. Das Team der Abteilung besteht aus vierzig Personen: mit dem Primar sind es neun Fachärzte, 13 Röntgentechniker, fünf Pflegekräfte, drei Sekretärinnen, ein Pflegehelfer sowie drei Physiker.
Der Dienst für Strahlentherapie in der Bonvicini-Klinik hat seinen Patienten vor dem Auftreten der Corona Virus Pandemie ein Zusatzprogramm angeboten, das auf ihr psycho-physisches Wohlbefinden abgestimmt war, z. B. Kurse für Bewegungstherapie und Malkurse. Dies soll in Kürze wieder aufgenommen werden. Die Patienten fühlen sich in der freundlichen und auf persönlichen Kontakt aufgebauten Atmosphäre der Abteilung wohl.
Radioonkologen seien Mediziner mit einem großen technischen und klinischen Wissen, so Maffei. „Sie verfügen über eine ganzheitliche Vision der Krebstherapie, sind Bestandteil des multidisziplinären Tumorboards und aktiv in alle Therapie-Entscheidungen eingebunden. Die Strahlentherapie ist kostengünstig und kann in einigen Fällen sogar die chirurgische und chemotherapeutische Behandlung ersetzen. Sie ist eine tragende Säule der Krebstherapie, bereits bei vier von zehn Patienten kommt eine Strahlentherapie zum Einsatz.“
Im Dienst für Strahlentherapie in der Bonvicini-Klinik werden zurzeit zwischen 80 und 100 Patienten täglich bestrahlt. Ungefähr die Hälfte kurativ, die andere palliativ. Die Strahlentherapie kommt auch in der Schmerztherapie zum Einsatz. Der Strahlendienst arbeitet im Rahmen der Euregio eng mit der Strahlentherapie der Universitätsklinik Innsbruck und der Strahlentherapie der Protonentherapie Trient zusammen. 90% der Fälle können in Südtirol behandelt werden.
Dank modernster Bildgebungstechnik kann die Bestrahlung submillimetrisch genau programmiert werden.
Der Eingangsbereich der Strahlentherapie in der Bonvicini-Klinik in Bozen